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05. Oktober 2000, von Michael Schöfer
Herr Koch, lassen Sie sich nicht beirren

Roland Koch ist ein gebildeter Mann. Das merkt man gleich, denn er hat sich die Einsichten und Ratschläge eines gewissen Niccolo Machiavelli offenbar ohne größere Probleme zu eigen gemacht. Das will was heißen in einer Welt, in der jemand, der genau weiß, daß Shakespeare (sprich: Schäksbier) in London gebraut wird, zumindest vorübergehend zu einer kleinen Berühmtheit wird. Besagter Machiavelli behauptete nämlich, "die Menschen sind so einfältig und so gewöhnt, den herrschenden Verhältnissen nachzugeben, daß der, welcher betrügen will, immer Leute findet, welche sich betrügen lassen" (Der Fürst, Kapitel XVIII). Unter Berücksichtigung dieser Maxime läßt sich Kochs Handlungsweise durchaus nachvollziehen. Weil er damit auch noch Erfolg hat (warten Sie, verehrter Leser, nur mal die nächste Landtagswahl ab, da werden Sie das schon merken), ist sein Verhalten im Grunde gar nicht zu kritisieren.

Im Gegenteil, man muß es positiv sehen. Warum regen wir uns eigentlich darüber auf, wenn Rechenschaftsberichte gefälscht, Geheimkonten unterhalten, Amtseide gebrochen und jetzt auch noch (wie bei Stalin) Fotos retuschiert werden? Sollten wir uns nicht vielmehr köstlich darüber amüsieren? Die einen haben vergessen, jemals wichtige Briefe erhalten zu haben, die anderen können sich wiederum gar nicht daran erinnern, sie überhaupt verfaßt zu haben. Gleichwohl existieren sie (die Briefe). Das ist doch außerordentlich unterhaltsam, dagegen verblaßt jede Seifenoper im Kabel-TV. Roland Kochs Aufführungen sind für mich inzwischen ein unverzichtbarer Teil unserer Spaßgesellschaft geworden, ohne einen Skandal über ihn bekäme ich beim morgendlichen Aufschlagen der Zeitung gewiß Entzugserscheinungen. Zum Glück ist er diesbezüglich äußerst einfallsreich. Roland Koch - da werden Sie geholfen!

Herr Koch, lassen Sie sich nicht beirren. Ich hab auch schon eine Idee, wie es weitergeht. Nun, Konrad Kujau (der Fälscher der Hitler-Tagebücher) ist ja bedauerlicherweise verstorben, aber könnte man nicht...? Ich meine, Kohls Tagebücher (vor allem, wenn sie ganz bestimmte Namen enthalten) wären doch momentan der Hammer auf dem Medienmarkt. Da ließe sich mit Sicherheit was verdienen, der Stern würde zweifellos... Und mit Fälschungen haben Sie ja fürwahr Erfahrungen genug gesammelt, wie Sie bereits mehrfach bewiesen haben. Lieber Herr Koch, mit Ihren Fähigkeiten würde ich jedenfalls nicht in der hessischen Staatskanzlei verkümmern. Das ist so sicher wie Ihre nächste Gedächtnislücke.