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16. August 2011, von Michael Schöfer
Wie konnte es so weit kommen?

Wir haben Marionetten gewählt, die an den Fäden der Raffkes hängen. Und damit wir nicht merken, wie sie uns immer tiefer in die Tasche greifen, haben sie das Privatfernsehen, Smartphones und die Playstation erfunden. Auch die Schmuddelecken des Internet werden durch heuchlerische Scheinangriffe erst richtig interessant gemacht. Denn das Schlimmste was den Raffkes passieren könnte wäre doch, wenn sich die Menschen endlich mit etwas Ernsthaftem beschäftigen würden. Es kann den Raffkes nichts Besseren passieren, als dass das Volk kostbare Lebenszeit mit Soaps, Spielen und Pornos verschwendet. Stellen Sie sich vor, die Menschen würden Zeitung oder - noch schlimmer - politische Bücher lesen. Vielleicht sogar nachdenken. Unerhört! Politische Bücher haben die Raffkes erfolgreich entsorgt, die Leser greifen jetzt überwiegend zu "historischen" Romanen, Serienmörder-Krimis und Feuchtgebieten. Manchmal, aber eben nur manchmal, spürt man noch einen letzten Hauch von Revolte. Und wie bei jeder ordentlichen Revolte ist auch das Lumpenproletariat mit an Bord. London und Birmingham haben es gerade erlebt. Das spielt den Raffkes  zweifellos in die Hände, denn Plünderer, die nicht einmal Krawatten tragen, gehören natürlich ins Gefängnis. Armani-Plünderer sitzen dagegen in den Glaspalästen und lachen sich ins Fäustchen. Kein Wunder, lassen sie sich doch vom Lumpenproletariat gerade den Zweit-Ferrari bezahlen. Keiner weiß, wo das enden wird. "Der Kapitalismus zerstört sich selbst", schreibt die Basler Zeitung. Ich fürchte, sie hat recht. Obgleich, um den Kapitalismus mache ich mir weniger Sorgen, meine Sorge gilt vielmehr der Demokratie. Schließlich sind Kapitalismus und Demokratie nicht dasselbe.