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| Impressum 20. Dezember 2017, von Michael Schöfer Gefasel eines Trunkenen Der neue Innenminister Österreichs, Herbert Kickl (FPÖ), wird von der Süddeutschen als "Straches Hirn" beschrieben - ganz so, als ob FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache kein eigenes hätte. Wie dem auch sei, jedenfalls gilt Kickl als "graue Eminenz" der Rechtspopulisten. Die meiste Freude habe er, berichtet die SZ, wenn Kickl sein Gegenüber in Debatten "mit Verweis auf Kant und Hegel in Grund und Boden polemisieren kann. Schließlich hat Kickl Philosophie studiert." [1] Will heißen: Ein echter Intelligenzbolzen, der Kickl. Nun ja… Greifen wir doch einfach mal willkürlich zwei Zitate von Kant und Hegel heraus und überlassen das Urteil den Leserinnen und Lesern selbst:
Ein nicht von der Hand zu weisender Gesichtspunkt. Allerdings bezeichnete auch ein gewisser Albert Einstein Hegels Philosophie als "Gefasel eines Trunkenen". Ähnlich hart urteilte der Vater der Relativitätstheorie über Aristoteles: "Es war eigentlich recht enttäuschend. Wenn es nicht so dunkel und konfus wäre, hätte sich diese Art Philosophie nicht so lange halten können. Aber die meisten Menschen haben eben einen heiligen Respekt vor Worten, die sie nicht begreifen können, und betrachten es als ein Zeichen der Oberflächlichkeit eines Autors, wenn sie ihn begreifen können." (Ein Wirkmechanismus, der übrigens nicht nur auf dem Gebiet der Philosophie anzutreffen ist.) An Einsteins mangelnder Intelligenz kann es wohl kaum gelegen haben. Sollten Sie also einmal in die Verlegenheit kommen, mit dem österreichischen Innenminister Herbert Kickl zu diskutieren und er dabei Kant und Hegel hervorholen, sollten Sie sich milde lächelnd zurücklehnen und das Ganze mit großer Gelassenheit hinnehmen. Bestimmt verstehen es 99 Prozent der Zuhörer genauso wenig. Was freilich nichts daran ändert, dass man mit dem Gefasel eines Trunkenen Eindruck schinden kann. Schließlich wird man nicht ohne Grund Minister (vor allem in Österreich, wo man bekanntlich auf den schönen Schein noch großen Wert legt). ---------- [1] Süddeutsche vom 19.12.2017 [2] Projekt Gutenberg, Immanuel Kant, Kritik der reinen Vernunft - 1. Auflage - Kapitel 11 [3] Projekt Gutenberg, Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Phänomenologie des Geistes - Kapitel 13 |