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27. September 2017, von Michael Schöfer
CRISPR/Cas revolutioniert die Genetik


Da kommt etwas auf uns zu. Nicht politisch auf Deutschland, sondern biologisch auf die Menschheit. Mit der relativ neuen Genschere CRISPR/Cas können Wissenschaftler unser Erbgut nach Belieben und hochpräzise manipulieren. Mit dem sogenannten Gen Drive kann man Tierarten womöglich sogar ausrotten, jedenfalls wird das gegenwärtig erwogen. Man schleust CRISPR/Cas gezielt in die Keimbahn von Insekten ein, die Krankheiten wie Malaria übertragen. Die Genschere wird bei jeder Fortpflanzung weitergegeben und soll nachfolgende Generationen durch eine Genveränderung unfruchtbar machen. So lange, bis auch das letzte Insekt unfruchtbar geworden ist. Mit den Insekten verschwinden dann auch die für den Menschen gefährlichen Krankheiten. So zumindest die Theorie.

Dieses Prinzip ist allerdings keineswegs auf Insekten beschränkt, im Grunde kann man mit CRISPR/Cas jede Spezies manipulieren. Wissenschaftler denken derzeit darüber nach, auf diese Art und Weise invasive Arten auf tropischen Inseln auszurotten, beispielsweise dort eingeschleppte Nagetiere. Das Problem dabei: Entkommt ein genmanipuliertes Tier auf eine benachbarte Insel oder auf das Festland, könnte die Art am Ende ungewollt von der Erde verschwinden. Potenziell ließe sich damit auch die Menschheit dezimieren oder sogar vollständig ausrotten. Der Mensch ist daher in der Lage, mit CRISPR/Cas Gott zu spielen - er kann Arten nach Gutdünken verändern und eliminieren. Da läuft einem wirklich der kalte Schauer über den Rücken.

Die revolutionären Methoden der Biologen spielen bedauerlicherweise im öffentlichen Diskurs noch keine Rolle, obgleich das Risiko für unsere Ökosphäre riesengroß ist. Was genetisch manipulierte Organismen, sofern sie einmal freigesetzt wurden, in der Umwelt anrichten, vermag niemand zu sagen. Und erfahrungsgemäß sind gezielte Eingriffe des Menschen selten segensreich. Es wird Zeit, darüber endlich in einer breiteren Öffentlichkeit zu diskutieren. Die Entscheidung darf nicht allein den Experten überlassen werden.