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07. August 2017, von Michael Schöfer
Es ist wirklich grotesk


Wenn man sich den redigierten Text der Regierungserklärung des niedersächsischen Ministerpräsidenten Stephan Weil durchliest, hat VW darin offenbar nichts deutlich entschärft. Aus der Änderung von "Volkswagen hat damit gegen Gesetze verstoßen und Vertrauen missbraucht" zu "Damit ist gegen Gesetze verstoßen und Vertrauen missbraucht worden" darf man ihm keinen Strick drehen. Allerdings belegt das Ansinnen als solches die viel zu enge Verquickung von Politik und Volkswagen. Auch wenn das Land Anteilseigner ist, hat der Autobauer die Rede nicht vorab zur Begutachtung zu bekommen. VW ist ein Privatunternehmen, und die Regierung ist die Exekutive.

"Bitte schau schon mal rein, ob da irgendetwas drin steht, was so gar nicht Euren faktischen oder rechtlichen Erkenntnissen entspricht", schrieb die niedersächsische Staatskanzlei an Thomas Steg, dem Generalbevollmächtigten für Außen- und Regierungsbeziehungen der Volkswagen AG. Ausgerechnet bei einer Firma, die jahrelang gegen Gesetze verstoßen hat, anzufragen, ob Formulierungen der Regierungserklärung ihren rechtlichen Erkenntnissen entsprechen, ist grotesk. Würde man einem Handtaschenräuber vor der Veröffentlichung die Pressemeldung der Polizei zur Begutachtung vorlegen, verbunden mit der Bitte um Abklärung, ob sie seinen faktischen oder rechtlichen Erkenntnissen entspricht? Wohl kaum. Da würde man zu Recht fragen, ob man noch alle Tassen im Schrank hat. Und dass VW das Recht anders auslegt als die Behörden, ist ja kein Geheimnis. Obendrein auch noch bei einem Konzern anzufragen, der nicht gerade den Eindruck macht, zur lückenlosen Aufklärung beitragen zu wollen, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Das ist entweder Naivität oder Kumpanei. Nein, so etwas darf, selbst wenn das Ergebnis die schlimmsten Befürchtungen nicht bestätigt, keinesfalls passieren.