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08. April 2017, von Michael Schöfer
Der Filibuster war von jeher ein Geschäftsordnungstrick


Der Filibuster (das Recht auf Marathonreden, die nichts mit dem eigentlichen Thema der Debatte zu tun haben müssen) existierte im US-Senat als Möglichkeit schon seit 1806, wenngleich der erste Filibuster bis 1837 auf sich warten ließ. Die Republikaner haben jetzt diese Tradition geändert, um ihren Wunschkandidat als Richter des Supreme Courts durchzubringen. Für die Änderung der Regel genügte die einfache Mehrheit (51 von 100), die notwendigen 60 Stimmen zur Beendigung eines Filibusters der Demokraten hätten sie nicht zusammenbekommen. Der Wille, die Regeln während des Spiels zu ändern, sofern es ihnen nutzt, wird den Republikanern irgendwann einmal noch böse auf die Füße fallen. Erfahrungsgemäß ist nämlich die jetzige Mehrheit später einmal in der Minderheit und wird dann wohl den Minderheitenschutz noch schmerzlich vermissen. Solche Geschäftsordnungstricks haben immer ein Geschmäckle. Andererseits war auch der Filibuster von jeher ein Geschäftsordnungstrick, über dessen Sinnhaftigkeit man durchaus streiten konnte. Strom Thurmond, der 1957 die bislang längste Rede gehalten hat, referierte dabei u.a. über die Kuchenrezepte seiner Großmutter. Für sinnvoll habe ich den Filibuster nie gehalten, sondern vielmehr als skurriles Mittel der Obstruktion angesehen. Ihn abzuschaffen war daher sinnvoll. Es hätte eben bloß unter anderen Umständen passieren dürfen.