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07. März 2017, von Michael Schöfer
Trauen wir uns nicht, die Auftritte zu untersagen?


Es ist ja nicht so, dass ich irgendwelche Sympathien für den türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu hegen würde, aber wir haben uns mit der Absage der geplanten Veranstaltung in Hamburg-Wilhelmsburg keinen Gefallen getan. Bitte nicht missverstehen, ich meine damit keineswegs, dass man Herrn Cavusoglu dort hätte reden lassen sollen, denn ich bin generell gegen Wahlkampfauftritte ausländischer Politiker in Deutschland. Zumindest jener von außerhalb der EU. Wahrscheinlich denken die meisten deutschen Politiker genauso, trauen sich aber nicht, das offen zu sagen. Stattdessen werden von den kommunalen Behörden Sicherheitsbedenken vorgeschoben, in Hamburg lag es beispielsweise an der fehlenden Brandmeldeanlage. Deren Fehlen sei schon vor Jahren bemängelt worden, lesen wir in der Zeitung. Nun habe man jedoch überraschend festgestellt, dass der Mangel nach wie vor existiere. Da braucht der Leser bei der Lektüre gar nicht viel zwischen den Zeilen zu suchen, um das schadenfrohe Schmunzeln oder heftige Augenzwinkern der kommunalen Beamten zu bemerken, es springt ihm nämlich mitten ins Gesicht.

Doch was soll das? Trauen wir uns nicht, türkischen Politikern die Auftritte zu untersagen? Warum eigentlich? Wer, wie die Türkei, den Boden der Demokratie verlässt, hat m.E. keinen Anspruch darauf, dafür bei uns auch noch Werbung machen zu dürfen. Das Wegducken von Bundeskanzlerin Merkel ist in meinen Augen ärgerlich und peinlich. Unterdessen darf sich Erdogan offenbar immer schrillere Vorwürfe erlauben. Seine Äußerungen seien "deplatziert", erwidert die Kanzlerin. Mein Gott, jetzt hat sie es ihm aber wirklich mal gegeben. Ob die Taktik, sich nicht provozieren und Erdogan damit ins Leere laufen zu lassen, am Ende aufgeht, wage ich zu bezweifeln. Das ist kein Plädoyer, ähnlich schrill zu antworten, aber der Autokrat muss endlich einmal an Grenzen stoßen.