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09. Dezember 2016, von Michael Schöfer
Gerichte zerstören das Internet


Was weder russische noch chinesische Hacker geschafft haben, erledigen deutsche Gerichte: Sie zerstören das Internet. Wer eine Website "mit Gewinnerzielungsabsicht" betreibt, kann für Links haftbar gemacht werden. Das Landgericht Hamburg vertritt die Auffassung, Website-Betreibern sei zuzumuten, "sich durch Nachforschungen zu vergewissern, ob der verlinkte Inhalt rechtmäßig zugänglich gemacht wurde". Auf Zeitungsverlage, Webshops oder Suchmaschinen könnten also horrende Abmahnkosten zukommen. Kurioserweise ließ das Landgericht eine Anfrage des Heise-Verlags, ob die Inhalte des Justizportals "gegen die Vorgaben des Urheberrechts oder verwandter Gesetze verstoßen", bislang unbeantwortet. Konsequenz: Der Verlag unterlässt vorläufig die Verlinkung des Justizportals, denn er haftet ja nach Ansicht des Landgerichts, wenn etwa ein dort veröffentlichtes Bild sich als nicht rechtmäßig erweisen sollten. Und um dem Ganzen noch einen obendrauf zu setzen: Das Justizportal weist im Impressum selbst darauf hin, dass es zwar auf Websites von Dritten verlinkt, für rechtswidrige Inhalte aber allein die Anbieter dieser Seiten haften. Ich weiß, der entscheidende Unterschied ist: Die Justiz handelt nicht mit Gewinnerzielungsabsicht. Welche Absichten sie stattdessen verfolgt, ist mir aber manchmal vollkommen schleierhaft.