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17. November 2019, von Michael Schöfer
Kein Staat darf sich ein Urteil darüber anmaßen


Ich verstehe nicht viel von Kunst. Genaugenommen verstehe ich überhaupt nichts vom Kunst. Aber muss man sie deshalb verbieten? Was hierzulande als absurdes Ansinnen strikt abgelehnt würde, war in der DDR normal. Diktaturen sind ja in der Regel unfassbar borniert. Was auch nur ein bisschen über den erstaunlich eng gefassten geistigen Horizont der Staatsmacht hinausgeht, wird abgelehnt und unterdrückt. Kürzlich habe ich im Radio etwas über einen DDR-Künstler gehört, wenn ich mich recht erinnere ging es um Ralf Winkler - besser bekannt unter seinem Pseudonym A. R. Penck. "A. R. Penck gilt als bedeutendster Gegenwartskünstler und Vater der 'Neuen Wilden'", würdigte der Spiegel den 2017 verstorbenen Maler, Grafiker und Bildhauer in seinem Nachruf. Winkler sei vor allem durch seine "Bildsprache aus Strichmännchen mit erigierten Penissen, Kreuzzeichen, Totenköpfen und beißenden Hunden bekannt geworden". Im Radio wurde gesagt, dass Winkler in der DDR große Probleme hatte, u.a. hat die Stasi seine Bilder beschlagnahmt. Es seien lediglich Farbkleckse, befand die Staatsmacht. Gewiss, man kann über Kunst streiten, aber selbst wenn Winklers Bilder wirklich bloß Farbkleckse gewesen wären, darf sich kein Staat ein Urteil darüber anmaßen und aus seiner Sicht unnütze Kunst verbieten. Man fragt sich echt, was das die Behörden angeht, was einer auf die Leinwand pinselt. Einen feuchten Kehricht geht sie das an!