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19. Oktober 2019, von Michael Schöfer
Tragödie oder Komödie?


Die Geographie lässt sich nicht ändern, kein Deal der Welt bringt gleichzeitig den Brexit und die Entschärfung des irischen Grenzproblems. Entweder gibt es Grenzkontrollen zwischen der Republik Irland und dem zu Großbritannien gehörenden Nordirland, oder es gibt Grenzkontrollen zwischen Nordirland und dem Rest des Königreichs. Die Quadratur des Kreises, weder das eine noch das andere zu beschließen, kann nicht gelingen. Es sei denn, der Brexit wird abgeblasen oder Nordirland an Irland zurückgegeben (give Ireland back to the Irish), doch Letzteres ist extrem unwahrscheinlich. Es wäre daher äußerst vorteilhaft, das britische Parlament würde sich endlich darauf einigen, irgendeinen Deal anzunehmen. Inzwischen sagen die meisten Beobachter: egal welchen. Theresa Mays Deal fiel bekanntlich dreimal durch. Nehmen wir an, dem Deal von Boris Johnson passiert das Gleiche - was soll dann werden? Einen No-Deal-Brexit darf es nicht geben, aber ein Deal, der genau das verhindert, wird ebenfalls abgelehnt. Die britischen Abgeordneten haben sich selbst in eine Sackgasse manövriert. Wäre das Ganze ein Theaterstück, würden die Zuschauer lange darüber rätseln, ob es sich um eine Tragödie oder eine Komödie handelt. Die Grenze zwischen beiden Genres ist offenbar fließend.