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28. August 2019, von Michael Schöfer
Der Mietendeckel ist eine Notwehrmaßnahme


Jetzt wird er wieder aus der Mottenkiste geholt: der soziale Vermieter. Herausgeholt wird er ausgerechnet von Wohnungsunternehmen und Haus- und Grundbesitzer-Vereinigungen, die in der Vergangenheit für exorbitante Mietsteigerungen verantwortlich waren, aber nun ihr Geschäftsmodell durch den Berliner Mietendeckel bedroht sehen. Und das lautet: Herauspressen was geht! Der soziale Vermieter - es gibt ihn tatsächlich, aber nicht so häufig, wie er derzeit mitleiderregend durch die Gazetten geistert. Sind 7,97 Euro pro Quadratmeter nicht genug? Für eine dreiköpfige Familie in einer 75 qm kleinen Drei-Zimmer-Wohnung sind das knapp 600 Euro. Kalt, wohlgemerkt. Da kommen natürlich noch die Nebenkosten obendrauf. In meinen Augen sind 7,97 Euro eine faire Basis und endlich ein wirksames Mittel gegen astronomisch steigende Mieten (alle anderen haben ja bislang versagt). Klar, für die Besserverdienenden, die sich eine hippe Wohnung in Berlin-Mitte oder am Prenzlauer Berg leisten können, ist das eine finanzielle Entlastung. Das mag ungerecht erscheinen, doch man muss es mal andersherum betrachten: Wenn 7,97 Euro Nettokaltmiete das Maximum wären, würden dort vielleicht nicht nur die Besserverdienenden wohnen, sondern wahrscheinlich auch wieder vermehrt Krankenschwestern oder Verkäuferinnen (Stichwort: Gentrifizierung). Die können sich nämlich dort ihre Stadt schon lange nicht mehr leisten, momentan kostet so eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt mindestens 1.000 Euro. Der Mietendeckel ist eine Notwehrmaßnahme gegen das offenkundige Marktversagen. Zudem sind die Probleme hausgemacht, denn man hätte den Wohnungsbau niemals den Marktkräften ausliefern dürfen.