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17. Februar 1999, von Michael Schöfer
Ausländerpolitik: Fakten statt Vorurteile


Überfremdungsangst: Gegenwärtig nimmt die Zahl der Ausländer in Deutschland leicht ab. 1997 betrug der Abwanderungssaldo bei Ausländern 21.768, d.h. es kamen weniger Ausländer nach Deutschland, als von hier fortgezogen sind. Von Januar bis Ende Juli 1998 sind rund 329.000 Ausländer in die Bundesrepublik gekommen, 364.000 zogen wieder fort. Damit ergab sich nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden während der ersten sieben Monate des vorigen Jahres ein Abwanderungssaldo von etwa 35.000 Ausländern. Einbezogen sind sämtliche gemeldete Ausländer, also auch Asylbewerber und Saisonarbeitnehmer. Neuere Zahlen liegen noch nicht vor. Nach den starken Zuwächsen in den Jahren zuvor, maßgeblich bedingt durch die Bürgerkriegs-Flüchtlinge aus Bosnien, hat sich der Trend inzwischen umgekehrt.

Doppelstaatler: Fast jeder zehnte Türke in Deutschland hat bereits die doppelte Staatsbürgerschaft. Rund 196.000 der mehr als 2,107 Mio. Türken, die in Deutschland leben, haben schon jetzt neben einem türkischen auch noch einen deutschen Paß. Insgesamt leben 3,5 Mio. Türken in der Diaspora, fast 480.000 von ihnen besitzen die doppelte Staatsbürgerschaft. 158.000 der in den Niederlanden und 32.000 der in Australien lebenden Türken besitzen ebenfalls zwei Staatsbürgerschaften. 1995 wurde in Deutschland bei einem Drittel aller rund 71.000 Einbürgerungen junger oder lange hier lebenden Ausländer die Mehrstaatigkeit hingenommen. Alles in allem sollen gegenwärtig nach Schätzungen über zwei Millionen Menschen in der Bundesrepublik mehr als eine Staatsangehörigkeit besitzen.

Auf ewig Ausländer?: In Deutschland leben zur Zeit (1998) 7,3 Mio. Ausländer (= ein Anteil von 8,9 % an der Gesamtbevölkerung). Aufgrund der im Vergleich zur deutschen Bevölkerung höheren Geburtenrate wird mit einem Anstieg des ausländischen Bevölkerungsanteils auf 15 % im Jahr 2015 und 19 % im Jahr 2030 gerechnet. Heute sind 29,2 % der ausländischen Bevölkerung seit mindestens 20 Jahren und weitere 19,2 % zwischen 10 und 20 Jahren in Deutschland ansässig. Insgesamt lebt also rund die Hälfte der Ausländer schon 10 Jahre hier im Land. Mehr als ein Drittel der ausländischen Jugendlichen von 15 bis 24 Jahren wurden bereits in Deutschland geboren. Der Ausländeranteil an der Bevölkerung wird aller Voraussicht nach und unabhängig von der Wanderungsbilanz (siehe oben) weiter steigen. Denn Schätzungen zufolge ist aufgrund der im Vergleich zur deutschen Bevölkerung höheren Geburtenrate mit einem Anstieg des ausländischen Bevölkerungsanteils auf 15 Prozent im Jahr 2015 und 19 Prozent im Jahr 2030 zu rechnen. Dies schreit förmlich nach Integration dieser Menschen.

Ökonomisch betrachtet: "Das Sozialprodukt von 1991 ist allein aufgrund der seit 1988 neu hinzugekommenen 3,5 Millionen Zuwanderer heute um etwa 3,5 Prozent größer als es ohne sie wäre. Das bedeutet einen Zuwachs von 90 Milliarden DM. An Steuern und Sozialabgaben werden die seit 1988 Zugewanderten 1991 29 Milliarden DM bezahlen. Hinzugerechnet werden muß ein Gewinn für die Steuer- und Sozialkassen in Höhe von 25 Milliarden DM, der daher rührt, daß die Zuwanderer hiesige Produkte kaufen und die Unternehmer zu zusätzlichen Investitionen ermuntern. Insgesamt ergibt sich somit ein Gewinn für die Steuer- und Sozialkassen in 1991 in Höhe von 57 Milliarden DM. Dem stehen ungefähr folgende Kosten gegenüber: Rund 16 Milliarden DM im Jahre 1991 für öffentliche Zuwendungen an Zuwanderer, z.B. für Sprachkurse und Sozialhilfe. Vergleicht man diese beiden Positionen, so ergibt sich ein Gewinn für die öffentlichen Kassen alleine von 41 Milliarden DM für 1991. (...) Der Umsatz der rund 140.000 ausländischen Unternehmer wird auf etwa 100 Milliarden DM pro Jahr geschätzt. Diese Summe löst ihrerseits jährliche Investitionen deutscher Unternehmer von über 20 Milliarden DM aus. (...) Ohne ausländische Mitbürger stünde z.B. die gesetzliche Rentenversicherung wesentlich schlechter da. (...) Im Jahre 1990 haben die Ausländer 12,8 Milliarden DM in die Rentenversicherung eingezahlt, aber nur 3,7 Milliarden DM von den Rentenauszahlungen erhalten. Dies macht überdeutlich, daß die ausländischen Mitbürger wesentlich mehr in die Rentenversicherung einzahlen, als sie von der Rentenversicherung erhalten. Der Überschußbetrag kommt allen Rentnern und Bürgern - also auch deutschen - zugute. (...) Es ist falsch, daß Ausländer deutschen Arbeitnehmern Arbeitsplätze wegnehmen." (Auszug aus: "Ohne Ausländer wären viele Kassen leerer", Papier der CDA [Christlich Demokratische Arbeitnehmer]; veröffentlicht in: Frankfurter Rundschau v. 14.12.1991. Am Sachverhalt hat sich bis heute nichts geändert.)