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"Falls Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann bedeutet sie das Recht darauf, den Leuten das zu sagen, was sie nicht hören wollen."
(George Orwell, 1903-1950,
britischer Schriftsteller)
"Glaube denen, die die Wahrheit suchen, und zweifle an denen, die sie gefunden haben."
(André Gide, 1869-1951,
französischer Schriftsteller)
"Willst du den Charakter eines Menschen erkennen, so gib ihm Macht."
(Abraham Lincoln, 1809-1865,
amerikanischer Politiker)
"Ich sah an alles Tun, das unter der Sonne geschieht, und siehe, es war alles eitel und Haschen nach Wind."
(Kohelet Salomo)



08. Januar 2025, von Michael Schöfer
Ganz großes Kino


Kann das Ansehen der Politiker eigentlich noch tiefer sinken? Man sollte es nicht für möglich halten, aber es geht tatsächlich. Christian Stocker, wahrscheinlich der künftige ÖVP-Parteivorsitzende und vermutlich auch der Steigbügelhalter Herbert Kickls (FPÖ), macht es vor: "Eine Koalition mit FPÖ-Chef Herbert Kickl wird die ÖVP (...) nicht eingehen." "Herbert Kickl hat mit seiner rechtswidrigen Hausdurchsuchung das BVT zerstört und das Vertrauen internationaler Partner verloren." Und: "Herbert Kickl bleibt demokratiepolitisch seiner Radikalität auch im FPÖ-Wahlprogramm treu. Das sieht man allem voran daran, dass Kickl unsere Demokratie aushebeln will." Äußerungen aus dem vergangenen Jahr. Doch jetzt geht es angeblich um Österreich, wie Stocker auf der Website seiner Partei verkündet. Keinesfalls um die Partei. Oder gar um die eigene Person. Natürlich nicht. Die ÖVP handelt absolut uneigennützig. Genau besehen erscheint der Demokratiezerstörer Kickl plötzlich nicht mehr ganz so schlimm - jedenfalls in den Augen von Stocker. "Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern", die Mutter aller Ausreden ist auch in unserem Nachbarland weit verbreitet.




06. Januar 2025, von Michael Schöfer
Die Union will kein Steigbügelhalter sein, macht aber alles dafür


Über das, was CDU und CSU derzeit abliefern, kann man bloß noch fassungslos den Kopf schütteln. In Österreich wird die rechtspopulistische, zumindest in Teilen rechtsextreme FPÖ vielleicht erstmals den Bundeskanzler stellen, doch die Union scheint daraus die falschen Schlüsse zu ziehen. CSU-Chef Markus Söder will nicht "Steigbügelhalter werden für irgendwelche Populisten. Sondern wir wollen den Richtungswechsel und den Politikwechsel selbst organisieren." Es sei ein "Warnsignal, dass der Politikwechsel den Parteien der Mitte nicht gelungen ist", meint auch CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Das, was Söder und Dobrindt als "Richtungswechsel" und "Politikwechsel" verniedlichen, ist nichts anderes als die Übernahme von Forderungen der AfD. Ob man die ausgerechnet dadurch kleinhalten kann, darf man mit Fug und Recht bezweifeln.




05. Januar 2025, von Michael Schöfer
Wien ist Weimar


Dieses Wochenende hat es wahrlich in sich. Am 3. Januar haben in Österreich die liberalen NEOS die Koalitionsverhandlungen über ein Dreierbündnis mit der ÖVP und der SPÖ platzen lassen. Am 4. Januar hat dann wiederum die ÖVP die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ für gescheitert erklärt, Bundeskanzler Karl Nehammer kündigte seinen Rücktritt an und gab sein Amt als Parteivorsitzender auf. ÖVP und SPD hätten im Nationalrat auch nach dem Ausstieg der NEOS eine, wenngleich hauchdünne Mehrheit von einer Stimme gehabt. Das ist eine Bankrotterklärung der demokratischen Parteien, die offenkundig das Gemeinwohl aus dem Blick verloren haben, weil sie sich bei Sachfragen nicht einigen wollten. Angeblich gab es unüberbrückbare Differenzen über die Wirtschafts- und Steuerpolitik. Unfassbar! Wien ist Weimar.




13. Dezember 2024, von Michael Schöfer
Feiglinge


Wir leben ja angeblich in postheroischen Zeiten, d.h. die Orientierung an Helden ist endgültig vorbei. Zumindest außerhalb des Kinos. Natürlich ist es einerseits gut, wenn das Heldentum früherer Tage passé ist, weil wir - gerade in Deutschland - mit der Verklärung des Militarismus denkbar schlechte Erfahrungen gemacht haben. Andererseits darf der Postheroismus nicht dazu führen, dass wir uns im Bedarfsfall nicht mehr gegen militärische Übergriffe wehren können. Wie der Ukraine-Krieg belegt, ist das weiterhin notwendig. Ob man das wie Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius als "kriegstüchtig" bezeichnet oder "abwehrbereit" nennt, ist im Grunde egal, weil es im Ergebnis auf das Gleiche hinausläuft. Stichwort: Resilienz der Gesellschaft.




07. Dezember 2024, von Michael Schöfer
War das wirklich ein Angriff?


Die großen Fragen unserer Zeit: Was ist wahr? Was ist gelogen? Werden wir manipuliert? Und wenn ja, von wem? Das erste Opfer des Krieges ist die Wahrheit. Wobei oft schon im Vorfeld von Kriegen gelogen wird, insbesondere wenn es um die Rechtfertigung der Anwendung von Gewalt geht. Nehmen wir etwa die Emser Depesche, deren Inhalt von Bismarck absichtlich falsch wiedergegeben wurde und die dann schließlich wie von ihm gewünscht zum deutsch-französischen Krieg (1870/71) führte. Die nicht vorhandenen Massenvernichtungswaffen Saddam Husseins gelten mittlerweile als Klassiker der Kriegslügen.




15. November 2024, von Michael Schöfer
Wenn wir so weitermachen…


Alle Jahre wieder… Nein, es soll hier nicht um Weihnachten gehen, sondern um die alljährlich stattfindende Weltklimakonferenz, die dieses Jahr in Aserbaidschan zusammenkommt. Und natürlich um das absehbare Scheitern derselben, denn bislang sprangen dabei bloß unverbindliche Absichtserklärungen heraus (auch wenn Applaus und Tränen, wie beispielsweise 2015 in Paris, einen Durchbruch suggerierten). In Wahrheit steigen die Emissionen unaufhörlich. Gewiss, es gibt regionale Fortschritte, aber global sieht es recht düster aus. Bedauerlicherweise ist es der Natur egal, wo die Treibhausgase emittiert werden, denn sie richtet sich einzig und allein nach deren Anteil in der Erdatmosphäre. Und Luft kennt bekanntlich keine Grenzen.




15. November 2024, von Michael Schöfer
Gruselkabinett


Matt Gaetz, der bislang vor allem mit seiner unverbrüchlichen Treue zu Donald Trump aufgefallen ist, soll Justizminister in der Regierung von Donald Trump werden. Was man so liest, ist er selbst manchen republikanischen Senatoren nicht geheuer, denn Widerstand gegen rechtswidrige Anordnungen des künftigen Präsidenten ist vom ultraradikalen Hardliner kaum zu erwarten. Ein Hindernis weniger auf dem Weg in die Autokratie.




09. November 2024, von Michael Schöfer
Jetzt bitte keine parteitaktischen Spielchen


Dass die zuletzt dysfunktionale Ampelkoalition nun endlich am Ende ist, muss man nicht bedauern. Christian Lindners Absicht, mit seinem Positionspapier die Scheidung auszusprechen, ist aufgegangen. Dem FDP-Chef darf unterstellt werden, dass ihm von vornherein klar war, wie wenig konsensfähig seine Vorschläge sind (weg mit dem Klimaschutz, Entlastung für die Reichen, Sparen bei den Armen). Gut, dass Olaf Scholz endlich die Reißleine bezogen hat. Doch jetzt gibt es noch ein paar Dinge zu beachten bzw. eine Aufgabe zu erledigen.




06. November 2024, von Michael Schöfer
Es kommen schwere Zeiten auf uns zu


Zweifellos eine echte Zeitenwende: Donald Trump hat die Präsidentschaftswahl gegen Kamala Harris gewonnen. Und das sogar überraschend deutlich. Zudem kann Trump wahrscheinlich durchregieren, weil die Republikaner auch die Mehrheit im Senat zurückerobert haben. Im Repräsentantenhaus liegt die GOP beim gegenwärtigen Auszählungsstand (6.11., 10:21 Uhr US-Ostküstenzeit) ebenfalls mit 20 Sitzen vor den Demokraten. Die Republikaner brauchen bloß noch 21 Sitze für die Mehrheit im House, die Demokraten müssten hingegen mit 41 fast die doppelte Anzahl erobern. Wird auch diese Kammer von den Republikanern erobert, fällt Donald Trump niemand mehr in den Arm. Nicht einmal die Gerichte, weil der Präsident laut dem Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs vom 1. Juli 2024 bei allen offiziellen Amtshandlungen absolute Immunität genießt. Was trennt die USA jetzt noch von einer Diktatur? Wenig, sehr wenig.