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| Impressum 07. Juni 2005, von Michael Schöfer Das trojanische Pferd der PDS Das Bündnis von WASG und PDS ist Presseberichten zufolge nahezu perfekt. WASG-Vorstandsmitglied Axel Troost sagte, die Wahrscheinlichkeit dafür liege nun "bei 80 zu 20". [1] Gegenwärtig streitet man sich bloß noch über Kleinigkeiten, wie etwa über den Namen, unter dem man sich künftig gemeinsam dem Wähler stellt. Entgegen ihren jüngsten Beteuerungen ("offene Listen der PDS sind keine Lösung") ist die WASG jetzt offenbar doch bereit, auf einer offenen Liste der PDS anzutreten, sofern sich diese umbenennt. Als Alternative steht die Bezeichnung "Demokratische Linke" im Raum. Die PDS wiederum möchte ihren Parteinamen in das Linksbündnis hinüberretten und zieht "Demokratische Linke - PDS" in Erwägung. Petitessen. Wie immer das Spiel letztlich enden wird, die WASG (Arbeit & soziale Gerechtigkeit - Die Wahlalternative) hat sich durch ihren heftigen Flirt mit der Nachfolgepartei der SED gewaltig desavouiert. 67,6 Prozent der 65.753 Mitglieder der PDS sind über 60 Jahre alt, haben demzufolge früher brav den Genossen Honecker und Mielke zugejubelt. Und mit so einer Partei steigt man ins Ehebett? Zu dieser Braut kann man nur aufrichtig gratulieren, die Wähler im Westen werden das gewiß zu würdigen wissen. Erst wollte man mit der PDS überhaupt nichts zu tun haben ("die PDS ist keine Alternative"), dann faßte man nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen allenfalls ein Wahlbündnis für die vorgezogene Bundestagswahl 2005 ins Auge ("ein Zusammenschluß mit der PDS kommt nicht in Frage"), heute fusioniert man mit ihr. In einer Erklärung des WASG-Bundesvorstands vom 5. Juni 2005 heißt es: "Wir schlagen Gespräche über die Bildung einer neuen gesamtdeutschen Partei links von der SPD innerhalb der nächsten Legislaturperiode vor." Damit war die Katze endlich aus dem Sack. Am 30. Juni verbreitete man noch folgende, durch die Entwicklung inzwischen obsolete Eckpunkte:
Von den etablierten Parteien ist man mittlerweile abrupte Kurswechsel gewohnt, etwa den Schwenk von Rot-Grün hin zu einer neoliberalen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Doch die WASG, im wesentlichen ein Sammelbecken von enttäuschten Anhängern der SPD und den Grünen, wollte es ursprünglich bewußt anders machen. Eine Partei "neuen Typs" wollte man sein: berechenbar, integer, demokratisch. Davon bleibt nun nicht viel übrig. Momentan präsentiert sich die WASG lediglich als Partei herkömmlichen Typs: sprunghaft, unaufrichtig, undemokratisch. Der Bundesvorstand prescht entgegen der Beschlußlage vor und erzeugt in kleinen Kungelrunden vollendete Tatsachen, die Basis soll diesem ausschließlich via Presse vermittelten fait accompli dann wie gehabt ohne zu murren folgen. Und das innerhalb von nicht einmal drei Wochen. Eine reife Leistung. Zumindest kann die WASG für sich die zweifelhafte Ehre beanspruchen, von allen Parteien beim Kurswechsel am schnellsten gewesen zu sein. Selbst Gerhard Schröder hat sich für seinen etwas mehr Zeit gelassen. Wie geht es weiter? Nun, die WASG ist zweifellos am Ende. Entweder geht sie demnächst in der zehnmal größeren PDS auf oder sie bleibt wider Erwarten doch eigenständig, hat dann allerdings massiv mit ihrem selbstverursachten Glaubwürdigkeitsproblem zu kämpfen. Ob die gemeinsame Partei "Demokratische Linke" respektive "Demokratische Linke - PDS" Erfolg haben wird, steht indes in den Sternen. 6.000 WASG-Mitglieder - sofern überhaupt alle an Bord bleiben, was äußerst fraglich ist - waschen dieser Verbindung den üblen Geruch von 40 Jahren "Diktatur des Proletariats" keineswegs ab. Weitere höchst zweifelhafte Verehrer haben sich bereits angekündigt: "Ein interessantes Projekt, an dem sich die MLPD gerne beteiligen würde." Na bitte, schon ist man auf dem besten Weg ins linke Sektierertum. -------- [1] Frankfurter Rundschau vom 07.06.2005 |