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10. Juni 2005, von Michael Schöfer
Wahlalternative und PDS gehen zusammen


Zumindest auf der Ebene der Bundesvorstände sind die Verhandlungen zwischen WASG und PDS zum Abschluß gekommen. Vorbehaltlich der Zustimmung der "Gremien" (sind damit wirklich die Mitglieder, oder doch wieder bloß die Funktionäre gemeint?) werden beide Parteien in den nächsten zwei Jahren "ein neues Projekt der Linken in Deutschland auf den Weg bringen". Das bedeutet bereits für die vorgezogene Bundestagswahl 2005, daß sich WASG und PDS keine Konkurrenz machen und nicht gegeneinander antreten. Mitglieder der WASG können auf der Liste der PDS kandidieren, die PDS "prüft" zumindest eine Namensänderung.

Mit dieser Entscheidung kommen beide Parteien der Aufforderung Oskar Lafontaines nach, dem Wahlvolk eine vereinte Linkspartei anzubieten. Natürlich hat das Duo Lafontaine und Gysi Chancen, mit der offenen Liste der PDS in den Bundestag einzuziehen. Ob es wirklich dazu kommt, muß sich aber noch zeigen. Die Wahlschlacht hat ja erst begonnen. Und ob man die prognostizierten Prozentanteile, die man womöglich bei einer getrennten Kandidatur erreicht hätte, einfach addieren darf, muß sich ebenfalls noch herausstellen. Im Westen wird eine um Teile der WASG angereicherte PDS vermutlich nicht allzu viel dazugewinnen. Die Vorbehalte gegen die PDS sind hier einfach zu groß.

Unter Umständen kommt es auf seiten der WASG zu deutlichen Mitgliederverlusten. Innerhalb von nicht einmal drei Wochen haben die Spitzenfunktionäre der Wahlalternative früher als "völlig inakzeptabel" bezeichnete Standpunkte eingenommen. Der eher sozialdemokratisch ausgerichtete Teil der Mitgliederbasis ist davon vermutlich zutiefst irritiert. Wer sein Fähnchen so offensichtlich in den Wind hängt und derart abrupt die Richtung ändert, erntet außerdem berechtigterweise das Mißtrauen der Wähler.

Die eigentliche Frage ist jedoch, ob dieses Bündnis eine langfristige Perspektive besitzt. Und da sieht es nicht gerade rosig aus. An der PDS haftet nach wie vor das Stigma der SED-Nachfolgepartei. Berücksichtigt man ihre völlig überalterte Mitgliederstruktur, nicht zu Unrecht. Darüber kann auch Gregor Gysi nicht hinwegtäuschen. Ob die Basis der WASG und der PDS aufgrund ihrer ungleichen Sozialisation auf Dauer harmonieren werden, ist unsicher. Zu sehr unterscheiden sich diejenigen, die sich da zusammentun sollen. Das Ganze ist ein gewagtes Experiment, das wir bestimmt noch einige Zeit kritisch begleiten dürfen. Jedenfalls wird der Bundestagswahlkampf dadurch etwas spannender.

Anhang: Die Pressemeldung von PDS und WASG vom 10.06.2005

Gespräche zwischen PDS und WASG erfolgreich verlaufen Lothar Bisky und Klaus Ernst erklären:

PDS und WASG haben in Berlin ihre Sondierungsgespräche erfolgreich fortgesetzt. Die Gesprächsgruppen beider Parteien werden ihren Gremien vorschlagen:

1. PDS und WASG wollen innerhalb der nächsten zwei Jahre ein neues Projekt der Linken in Deutschland auf den Weg bringen.

2. PDS und WASG wollen bei vorgezogenen Bundestagswahlen im Jahr 2005 nicht gegeneinander antreten.

3. Die PDS wird ihre Listen zur Bundestagswahl auch Mitgliedern der WASG öffnen. Um das Neue an dem Projekt zu dokumentieren, wird dem Vorstand der PDS vorgeschlagen, eine Namensänderung zu prüfen.

Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche werden dem Parteivorstand der PDS und einer Versammlung aller Landesvorstände der WASG zur Beratung und Entscheidung vorgelegt. Die Gremien tagen am Wochenende.