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11. Oktober 2005, von Michael Schöfer
Schärfere Kontrollen bei Superreichen


Der scheidende Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement hat jetzt schärfere Kontrollen bei Deutschlands Milliardären angekündigt. Mit einer Fülle von Maßnahmen soll künftig der grassierenden Steuerhinterziehung vorgebeugt werden, die hierzulande auf immerhin 150 Mrd. Euro taxiert wird. Das Bundesfinanzministerium erhofft sich hierdurch eine drastische Erhöhung der Staatseinnahmen. Außerdem verspricht man sich einen signifikanten Rückgang der in deutschen Großunternehmen zuletzt völlig ausgeuferten Korruptionsdelikte (VW, Daimler-Chrysler etc.). Lustreisen nach Brasilien wird es also in absehbarer Zeit kaum noch geben, bekräftigt der Minister.

Im Rahmen von Clements Kampagne ist u.a. bei den Brüdern Karl und Theo Albrecht, die zusammen über ein geschätztes Vermögen von 34 Mrd. Euro verfügen, ein Datenabgleich sämtlicher Bankkonten vorgesehen. Die Behörden interessieren sich insbesondere für die Schweizer und Liechtensteiner Bankkonten der Aldi-Eigentümer. "Auch die Konten auf den Cayman-Islands werden wir bei unseren Recherchen nicht übersehen", versicherte ein Behördenvertreter. Die Frage, ob die Gebrüder Albrecht ihr Vermögen wirklich ordnungsgemäß versteuern, dürfte also bald geklärt sein.

Dieter Schwarz, als Lidl-Besitzer der größte Konkurrent des Aldi-Imperiums, hat hingegen von den Beamten unangemeldete Hausbesuche zu erwarten. Besprochen werden soll dabei die drängende Frage, ob Schwarz in seinem Unternehmen tatsächlich bewußt Betriebsräte verhindert und damit vorsätzlich das Betriebsverfassungsgesetz unterläuft. Die Firmen Siemens und BMW wiederum müssen mit Hausdurchsuchungen rechnen, da sie möglicherweise gesetzwidrig Subventionen bezogen haben. Bei Verdacht auf zu Unrecht bezogene Leistungen wird ohne Ansehen der Person und ohne Rücksicht auf den ökonomischen Einfluß ermittelt, verlautet aus dem Ministerium. Und in der Oggersheimer Residenz von Altbundeskanzler Helmut Kohl hofft man auf Unterlagen zu stoßen, aus denen hervorgeht, wer die von ihm im Rahmen des CDU-Parteispendenskandals geheimgehaltenen Spender waren. Für Kohls Tresor, so besagen zumindest Gerüchte, seien bereits Schweißgeräte geordert.

Josef Ackermann soll ein ganztägiges Trainingsprogramm durchlaufen, um die Kontrolle seiner Gestik bei Gerichtsterminen publikumswirksam aufzupolieren. Darüber hinaus werden mit Anrufaktionen alle Verbandsfunktionäre des DIHT, des BDI und des Einzelhandelsverbands ermahnt, den Standort Deutschland in Zukunft bei öffentlichen Statements nicht mehr mies zu machen. "Wir werden nicht nur die Einnahmesituation der öffentlichen Haushalte verbessern, sondern auch Deutschlands Image im Ausland", gelobte ein Sprecher des Hauses Clement. Überdies werde das Studieren der Kinder von Superreichen auf Eliteuniversitäten genehmigungspflichtig. Priorität in der Bildung habe fortan das Talent der Schüler, nicht der Geldbeutel der Eltern.

Die Bevölkerung begrüßte die angekündigten Kontrollen und zeigte sich mit den ersten Aktivitäten der großen Koalition hochzufrieden. Deutschland sei damit auf dem besten Weg zu mehr Gerechtigkeit, waren sich die Kommentatoren der Tageszeitungen einig.

Nachtrag:

Die Realität sieht leider anders aus (Auszug aus der Frankfurter Rundschau vom 10.10.2005):
Schärfere Kontrolle bei Arbeitslosen

Minister Clement startet Initiative gegen Leistungsmissbrauch / Hausbesuche, Anrufe und Durchsuchungen geplant

Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) will Arbeitslose schärfer wegen des Missbrauchs staatlicher Leistungen kontrollieren lassen. Das Ministerium schließt auch Hausdurchsuchungen nicht aus. Vorgesehen seien unter anderem verstärkte Hausbesuche und Anrufaktionen bei den Beziehern von Arbeitslosengeld II, sagte ein Sprecher Clements am Wochenende. Außerdem seien ganztägige Trainingsprogramme vorgesehen, um Schwarzarbeit zu verhindern. Überlegt werde weiter, den Auszug arbeitsloser Jugendlicher aus der elterlichen Wohnung unter Genehmigungspflicht zu stellen. Der Datenabgleich mit den Finanzämtern solle intensiviert werden, um verborgene Vermögen aufzuspüren. Bei Verdacht auf zu Unrecht bezogene Leistungen sollen auch Hausdurchsuchungen organisiert werden können.
Wie heißt es so schön? Die Kleinen fängt man, die Großen läßt man laufen.