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05. Februar 2006, von Michael Schöfer
Geschwafel


Die "Bergradlerin" hat in ihrem Weblog "Ginas Tagebuch" auf einen Artikel der Süddeutschen "Ritter der Schwafelrunde" hingewiesen, der sich kritisch mit Weblogs auseinandersetzt. Ich habe mir daraufhin erlaubt, bei "Ginas Tagebuch" folgenden Kommentar zu hinterlassen, den ich Euch nicht vorenthalten möchte:

Kommt mir fast vor wie Jean-Remy von Matts (Du bist Deutschland) pikierte Replik: "Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern?" Ob da bei der Süddeutschen die Angst vor schwindenden Umsätzen mitspielt? Manche würden wohl gern die Eingänge zum Elfenbeinturm der professionellen Kommentatoren fest zumauern. Warum stört man sich eigentlich an den "Klowänden des Internets" (von Matt über Weblogs)? Wäre es besser für unser Land, wenn Blogger zu Dumpfbacken mutieren und sich nur noch vor der Glotze GZSZ reinziehen, anstatt sich - zumindest teilweise - mit ernsthaften Themen zu beschäftigen?

Die Süddeutsche befürchtet, daß die Encyclopedia Britannica durch Wikipedia verdrängt wird, und Zeitungen durch Blogs. Mit anderen Worten: Qualität durch Quantität. Die renommierte Computerzeitung c't erwähnt in ihrer Ausgabe 1/2006 (Seite 48f) einen Test von Encyclopedia Britannica und Wikipedia, der vom Wissenschaftsmagazin "Nature" durchgeführt wurde. Danach fanden sich bei beiden (!) Nachschlagewerken jeweils vier schwere Fehler, bei den weniger schweren Fehlern schnitt die Encyclopedia Britannica etwas besser ab (123 Fehler bei der Encyclopedia Britannica gegenüber 162 Fehler bei Wikipedia). Resümee der Tester: Ein erstaunlich knapper Unterschied.

Ich glaube kaum, daß die Menschen auf Zeitungen verzichten werden, weil sie das Internet nutzen. Sie werden sich auch künftig regelmäßig aus Zeitungen, Zeitschriften und Büchern informieren, aber sie nutzen eben nebenbei auch Weblogs. Na und? Wo ist das Problem? Viele Online-Auftritte von Zeitungen werden ja durch Blogger heftig verlinkt. Das nutzt den Blattmachern doch, oder nicht? Die Gefahr für die etablierten Printmedien droht vielmehr von Menschen, die überhaupt nicht mehr lesen. Kann durchaus sein, daß diese ihr Vergnügen vermehrt im Internet suchen, aber dann bestimmt nicht bei Weblogs. Für geistlose Zerstreuung gibt es im Internet ganz andere Angebote.

Alles in allem verstehe ich die Angst vor den Weblogs nicht. Ich persönlich sehe sie als Bereicherung. Für die Schreibenden und für die Leser. Überhaupt, haben wir nicht endlich das, was viele seit langem erträumen: die kostengünstige Verwirklichung von Artikel 5 GG? Dieses elitäre Qualitätsgehabe der Professionellen geht mir ehrlich gesagt mächtig auf den Geist. Erstens gibt es diesbezüglich etliche Negativbeispiele (etwa BILD), zweitens ist das eher auf den Sandkastenreflex (die lassen wir nicht mitspielen) zurückzuführen. Ach, liebe Süddeutsche, wenn ich hier aufzählen würde, wieviel Scheiße - sorry - schon durch den Blätterwald geflogen ist, würde mich Gina vermutlich killen. Denn soviel Webspace hat sie hier gar nicht zur Verfügung.

Tut mir leid, Gina, aber das mußte mal so ausführlich gesagt werden. Du fragst, ob ich etwas erzürnt bin? Ach woher denn, ich doch nicht...