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04. August 2007, von Michael Schöfer
Sprachhauptstadt Mannheim


Mannheim beansprucht "Hauptstadt der deutschen Sprache" zu sein. Ob zu Recht oder nicht, sei dahingestellt. Doch immerhin ist die Quadratestadt (die historische Innenstadt ist in Häuserblöcken angelegt) Sitz des "Bibliographischen Instituts", zu dem der renommierte Duden-Verlag gehört, überdies Heimat des "Instituts für Deutsche Sprache" und beherbergt außerdem eins von 13 deutschen Goethe-Instituten. Zu guter Letzt führt das Mannheimer Nationaltheater auch noch den Beinamen "Schillerbühne", weil hier am 13.01.1782 die Uraufführung des Dramas "Die Räuber" von Friedrich Schiller stattfand.

Okay, das Renommee des Duden-Verlags hat zuletzt etwas unter der völlig verunglückten Rechtschreibreform gelitten. Die Sprachwissenschaftler haben kräftig zurückrudern müssen. Aber nach der Reform der Reform sind wir wieder einigermaßen versöhnt. Mittlerweile ist die deutsche Rechtschreibung so tolerant geworden, dass man fast nichts mehr falsch schreiben kann. Oft sind nämlich zwei Versionen zulässig: "Albtraum" und "Alptraum", "aufwändig" und "aufwendig", "weitverbreitet" und "weit verbreitet", "Energie sparend" und "energiesparend". Darüber hinaus hat sich der Umgang mit der Interpunktion erheblich verbessert, manchmal kann man ein Komma setzten, muss es aber nicht.

Die Mannheimer Stadtverwaltung hat allerdings die Freizügigkeit der Rechtschreibung bei den Straßenschildern etwas zu weit getrieben - und das lange vor dem unrühmlichen Rechtschreib-Chaos:

Zwei Versionen wären ja noch akzeptabel, wenngleich man Straße stets mit "ß" und nie mit "ss" schreibt (außer in der Schweiz):




Doch es finden sich auch drei verschiedene Schreibweisen:






Doch damit nicht genug, selbst vier Versionen sind - wenigstens in der "Sprachhauptstadt" Mannheim - möglich:









Ich glaube, das wäre sogar dem Duden-Verlag zu viel. Für die "Sprachhauptstadt" ein bisschen blamabel. Oder hat die Stadtverwaltung hier bloß die nächste Rechtschreibreform vorweggenommen? Schließlich sollen auch künftige Auflagen des Duden reißenden Absatz finden, das fördert das Gewerbesteueraufkommen der chronisch klammen Kommune. Nun, dann scheint uns ja noch einiges bevorzustehen.