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21. August 2007, von Michael Schöfer
Fehlspekulation mit Steuergeldern?


Der Deutschen Bank drohen Klagen von Kunden, die mit Swaps Millionenbeträge verloren haben. "Bei sogenannten Swaps (englisch: "tauschen") werden feste Zinssätze für Kredite gegen variable getauscht oder langfristige gegen kurzfristige. So können Investoren Geld gewinnen oder verlieren, je nachdem wie sich das Verhältnis der Zinshöhe bei kurzfristigen und langfristigen Anleihen entwickelt." [1] Die Bank habe falsch beraten und nicht ausreichend über mögliche Risiken aufgeklärt, behaupten die Geschädigten. Darunter sind auch mindestens vier Kommunen, die sich folglich bei ihren Swap-Geschäften ordentlich verrechnet haben müssen. So macht etwa die Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV) 2,6 Millionen Euro Schadenersatz geltend. [2]

Leider nicht die einzigen Fälle von Misswirtschaft. Die WestLB gab im Frühjahr zu, im Aktienhandel 243 Mio. Euro verloren zu haben. [3] Und wie bereits bekannt, musste der IKB Deutsche Industriebank von der staatseigenen KfW Bankengruppe (früher: Kreditanstalt für Wiederaufbau) mit einer 3,5 Mrd. Euro schweren Bürgschaft unter die Arme gegriffen werden. "Zusätzlich zu der Verlustbürgschaft übernahm die KfW eine Liquiditätslinie von 8,1 Mrd. Euro für den betroffenen Fonds." [4] Die IKB, an der die KfW einen Anteil von 38 Prozent besitzt, hatte sich auf dem amerikanischen Immobilienmarkt verspekuliert. Die SachsenLB wiederum wurde nur mit einer Kreditzusage der Sparkassen-Finanzgruppe in Höhe von 17,3 Mrd. Euro vor der Zahlungsunfähigkeit gerettet. [5] Wenn es ganz schlimm kommt, haftet dafür am Ende der Steuerzahler. "Haftung des Gewährträgers" nennt man das. Andere sagen dazu "Staatshaftung". Wie auch immer, es sind in jedem Fall Steuergelder.

Die Deutsche Bank soll im Eigenhandel mit Anleihen ebenfalls 100 Mio. Euro in den Sand gesetzt haben. So etwas kann passieren, schmälert aber letztlich nur den Gewinn der privaten Anteilseigner. Kein Geschäft ohne Risiko. Ob die ehrgeizigen Ziele von Josef Ackermann, er strebt eine Eigenkapitalrendite von 25 Prozent an, ohne gleichzeitige Erhöhung der Risiken überhaupt erreichbar sind, ist sowieso fraglich. 2005 hat es geklappt, der Vorsteuergewinn des Branchenprimus lag bei 6,4 Mrd. Euro, was einer Eigenkapitalrendite von 26 Prozent entsprach. [6] Im vergangenen Jahr erreichte der Vorsteuergewinn 8,1 Mrd. Euro und die Eigenkapitalrendite beachtliche 31 Prozent. [7] Von daher sind 100 Mio. Euro leicht zu verkraften - die berühmt-berüchtigten "Peanuts".

Anders sieht es bei den staatlichen Instituten (WestLB, KfW und SachsenLB) aus. Sie können momentan noch mit der Sicherheit agieren, dass notfalls, wenn alle Stricke reißen, die öffentlichen Haushalte einspringen. Doch das verführt offenbar dazu, leichtsinnig zu handeln. Im Grunde müssten sie - im Vergleich zu den Privatbanken - viel sorgfältiger mit den ihnen anvertrauten Geldern umgehen. Und warum Kommunen mit Swaps spekulieren, ist völlig unverständlich und absolut inakzeptabel, solche riskanten Geschäfte gehören schließlich nicht zum Aufgabengebiet von Städten und Gemeinden.

Wir können von Glück reden, wenn es auf dem deutschen Bankensektor im Zusammenhang mit der US-Immobilienkrise keine Pleiten gibt. Diesbezüglich muss man aber noch einige Zeit abwarten. Eines kann jedoch schon heute festgestellt werden: Bei den staatseigenen Banken gehört gründlich ausgemistet. Und bei manchen Kommunen offensichtlich auch. Wenn sich Geldgier mit Inkompetenz paart, kommt nämlich selten etwas Gutes dabei heraus.

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[1] Süddeutsche vom 20.08.2007
[2] Focus vom 20.08.2007
[3] FAZ.Net vom 31.05.2007
[4] Financial Times Deutschland vom 16.08.2007
[5] Frankfurter Rundschau vom 21.08.2007
[6] Hamburger Abendblatt vom 03.02.2006
[7] N24 vom 27.03.2007


Nachtrag (31.08.2007):
Die WestLB hat mitgeteilt, dass ihr Verlust aus dem Aktienhandel größer ist als bislang vermutet. Es sollen nach Angaben des Focus 604 Mio. Euro sein.