Home | Archiv
| Leserbriefe
| Impressum 10. Oktober 2006, von Michael Schöfer Können die nix abgeben? Ein 41-jähriger Krankenpfleger hat am vergangenen Wochenende beim Lotto den Rekord-Jackpot in Höhe von 37,6 Mio. Euro gewonnen. Nun, Krankenpfleger gehören nicht gerade zu den Besserverdienenden der Gesellschaft, insofern hat es wenigstens jemanden getroffen, der es tatsächlich nötig hat. Er kann sich künftig, eine vierprozentige Geldanlage unterstellt, nach Abzug des Spitzensteuersatzes (45 Prozent ab 01.01.2007) über ein monatliches Nettoeinkommen von rund 69.000 Euro freuen - ohne dabei das steuerfreie Grundkapital anzugreifen. Wahnsinn! Natürlich ist jeder Normalverdiener insgeheim neidisch über so viel Reichtum. Doch 37,6 Mio. sind buchstäblich ein Klacks gegen den wirklichen Reichtum in Deutschland. Das Manager-Magazin hat soeben das Vermögen der zehn reichsten Deutschen ermittelt, sie besitzen zusammen sagenhafte 81,7 Mrd. Euro. Einsam an der Spitze stehen die Brüder Karl und Theo Albrecht (Aldi), die mit 16,10 bzw. 16,05 Mrd. Euro vertreten sind. Mit einigem Abstand folgt auf Platz drei Dieter Schwarz (Lidl, Kaufland), der über 10,25 Mrd. verfügt. Karl Albrecht würde bei einer vierprozentigen Geldanlage, eine Kapitalrendite, über die er sicherlich nur müde lächeln kann, pro Jahr 644 Mio. Euro Zinsen hinzugewinnen. Bezahlt er den Spitzensteuersatz, käme er auf ein jährliches Nettoeinkommen von 354,2 Mio. Euro, das sind monatlich 29,5 Mio. - rund eine Million pro Tag. Es sei ihm gegönnt. Dennoch stellt sich die Frage, ob man die Reichen und Superreichen nicht stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranziehen soll. Es geht hierbei nicht um Neid, sondern um Gerechtigkeit. Während sich das Vermögen der Millionäre und Milliardäre quasi von selbst vervielfacht, müssen Arbeitnehmer bei einem Arbeitsplatzverlust damit rechnen, sich nach zwölf Monaten auf Sozialhilfeniveau wiederzufinden. Betroffen sind beispielsweise die Beschäftigten der insolventen Firma BenQ (ehemals Siemens). Und die Politiker überbieten sich förmlich darin, von diesem niedrigen Niveau auch noch etwas abzuknapsen. Arbeitsanreiz nennen sie das, welch ein Hohn. Kein Wunder, wenn die Politikverdrossenheit mittlerweile einen Höchststand erreicht. |