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04. Mai 2007, von Michael Schöfer
Freiwilliger Verzicht oder Gesetzesverschärfung?


Streiten sich zwei Brüder um die letzten Kuchenstücke. Der Jüngere nimmt sich flugs das größere Kuchenstück. "Hey", schreit der Ältere, "das ist aber ungerecht". Der Jüngere entgegnet listig: "Welches von beiden hättest du denn genommen?" Der Ältere großzügig: "Natürlich das kleinere." Woraufhin dem Jüngeren entfährt: "Na bitte, beschwer' dich nicht, das hast du ja."

Die deutsche Wirtschaft bietet, sobald eine Gesetzesverschärfung droht, zur Verhinderung derselben gerne "freiwillige" Lösungen an. So erleben wir es augenblicklich in Bezug auf die sogenannten Flatrate-Partys (Saufgelage für Jugendliche zum Pauschalpreis), die Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) gerne verbieten würde. Für den Hotel- und Gaststättenverband habe der Jugendschutz oberste Priorität, behauptet Verbandsvize Stephan Büttner. "Deswegen sollten die Verbandsmitglieder freiwillig auf solche Partys für Jugendliche verzichten. 'Von einem Verbot halte ich aber nichts', so Büttner." [1]

Denken wir doch mal logisch: Halten sich die Betriebe des Hotel- und Gaststättenverbands freiwillig an das Verbot, dann kann ihnen auch eine Verschärfung des Jugendschutz- und des Gaststättengesetzes nichts anhaben. Ob Flatrate-Partys aus eigenem Antrieb oder wegen eines Verbots unterbleiben, ist dann nämlich völlig unerheblich.

Der Verdacht, der Hotel- und Gaststättenverband würde den freiwilligen Verzicht bloß anbieten, weil er von vornherein davon ausgeht, dass sich nicht alle daran halten, liegt nahe. Günther Beckstein sollte ihnen deshalb zurufen: "Na bitte, wenn ihr ohnehin freiwillig verzichten wollt, kann auch eine Gesetzesverschärfung nicht schaden.

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[1] Frankfurter Rundschau vom 03.05.2007