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17. Juni 2007, von Michael Schöfer
Überraschung in Mannheim


Dr. Peter Kurz (SPD) verließ, für viele überraschend, bei den Mannheimer Oberbürgermeisterwahlen bereits im ersten Wahlgang als Sieger das Feld. Mit 50,53 Prozent übersprang er knapp die Schwelle zur absoluten Mehrheit und ersparte sich so einen zweiten Wahlgang. Sein Konkurrent, Ingo Wellenreuther (CDU), kam nur auf magere 32,07 Prozent. Dass Wellenreuther nicht Oberbürgermeister werden konnte, stand eigentlich von vornherein fest. Seine Partei, die bei der letzten Gemeinderatswahl mit 37,41 Prozent noch beachtliche 5 Prozentpunkte vor den Sozialdemokraten (32,05 Prozent) lag, stellte sich nämlich quasi selbst ein Bein. Die CDU, mittlerweile tief zerstritten und von Skandalen (z.B. Froschkönig-Affäre) geschüttelt, verspielte peu à peu alle Chancen, ihre Mehrheit zu konsolidieren.





Überdies hinterließ Wellenreuther von Anfang an keinen guten Eindruck. Als im Dezember vorigen Jahres Peter Kurz' Wiederwahl als Kulturbürgermeister anstand, erweckte Wellenreuther den Eindruck, er habe seinem Kontrahenten mitten im OB-Wahlkampf die berufliche Existenz nehmen wollen. Die Mannheimer werteten das als böses Foul. Außerdem wurde sein Wahlslogan ("Power für Mannheim!") im eher bodenständigen Mannheim größtenteils belächelt. Mit Anglizismen, die Modernität signalisieren wollen, kann man hier kaum reüssieren. Wer hat den Mann bloß beraten? Genausowenig Anklang fand sein Spruch "Der Bessere für unsere Stadt!", wusste doch jeder, dass Wellenreuther aus Karlsruhe kam - auch wenn er das, im Gegensatz zu seiner normalen Webpräsenz, auf der Wahlkampf-Website verschämt unterschlug.

Erschreckend ist freilich die geringe Wahlbeteiligung von lediglich 36,64 Prozent. Das heißt, der neue Oberbürgermeister wurde mit seinen 39.656 Stimmen von gerade mal 18,34 Prozent aller Wahlberechtigten gewählt. Offenbar sind die Mannheimer inzwischen wahlmüde geworden und, wie viele andere, vom üblichen Politikbetrieb zutiefst enttäuscht. Daran muss, über alle Parteigrenzen hinweg, gearbeitet werden. Werden Politiker nur noch von einer kleinen Minderheit ins Amt gehievt, stellt sich über kurz oder lang die Frage nach ihrer Legitimität. Formale Mehrheiten allein sind auf Dauer nicht ausreichend.