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05. Juli 2007, von Michael Schöfer
Karin Wolff und die Schöpfungsgeschichte


"Die hessische Kultusministerin Karin Wolff sieht in einer Debatte über die Schöpfungslehre der Bibel die Chance für 'eine neue Gemeinsamkeit von Naturwissenschaft und Religion'. (...) In der biologischen Evolution und der biblischen Erklärung für die Entstehung der Welt sehe sie keinen Widerspruch, vielmehr gebe es in der symbolhaften Erzählung der Bibel von den sieben Schöpfungstagen eine 'erstaunliche Übereinstimmung' mit der wissenschaftlichen Theorie." [1] Aha, eine erstaunliche Übereinstimmung also. Und keinen Widerspruch.

"Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. (...) Und Gott sprach: Es werde Licht! Und es ward Licht. Und Gott sah, daß das Licht gut war. Da schied Gott das Licht von der Finsternis und nannte das Licht Tag und die Finsternis Nacht." Dies geschah am ersten Tag. "Und Gott sprach: Es werden Lichter an der Feste des Himmels, die da scheiden Tag und Nacht und geben Zeichen, Zeiten, Tage und Jahre und seien Lichter an der Feste des Himmels, daß sie scheinen auf Erden. Und es geschah also. Und Gott machte zwei große Lichter: ein großes Licht, das den Tag regiere, und ein kleines Licht, das die Nacht regiere, dazu auch Sterne. Und Gott setzte sie an die Feste des Himmels, daß sie schienen auf die Erde und den Tag und die Nacht regierten und schieden Licht und Finsternis." Dies geschah am vierten Tag. [2]

Gott schuf also der Bibel zufolge am ersten Tag die Erde und das Licht, woraus Tag und Nacht entstanden. Erst am vierten Tag schuf er Sonne, Mond und Sterne. Nun wissen wir aber mittlerweile, dass unser Licht von der Sonne stammt. Und aus der Rotation der Erde resultieren Tag und Nacht, ihr Umlauf um die Sonne ergibt die Zeiteinheit, die wir als Jahr bezeichnen. Wer will das heutzutage noch bezweifeln? Karin Wolff etwa? Das war nur ein kleines Beispiel. Insgesamt gilt: Die Erkenntnisse der Physik und der Biologie widersprechen der Bibel diametral (von wegen erstaunliche Übereinstimmung und kein Widerspruch), außerdem können die erstgenannten Bereiche - im Gegensatz zum vermeintlichen Wort Gottes - dafür sogar allerhand Beweise liefern. Karin Wolff scheint diese schlicht zu ignorieren oder überhaupt nicht zu kennen. Schade, dass sich inzwischen, was den Bildungsstand angeht, selbst Kultusministerinnen auf dem Niveau einer gewissen Paris Hilton zu bewegen scheinen. Ein Trauerspiel. Vielleicht sollte Karin Wolff noch einmal die Schulbank drücken, offenbar ist es dringend notwendig. Aber bitte nicht in Hessen, denn dort besteht die Gefahr, dass sie den Homo erectus mit etwas Sexuellem verwechselt. Und damit läge sie ebenfalls meilenweit daneben.

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[1] FAZ vom 29.06.2007
[2] Martin Luther, Die Bibel, bei Gutenberg-DE