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01. Februar 2008, von Michael Schöfer
Subprime-Krise hat nachdenklich gemacht


Wenn die GfK (Gesellschaft für Konsumforschung) zum wiederholten Male von steigender Kauflaune der Verbraucher spricht oder sich der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) mit dem Beginn des Weihnachtsgeschäfts zufrieden zeigt, ist Vorsicht angebracht. Oft wird dann bloß die miserable Entwicklung gesundgebetet. Ein bisschen kann ich das sogar verstehen. Was soll Hubertus Pellengahr, der Sprecher des Hauptverbandes des Deutschen Einzelhandels, auch anderes verkünden? Durch die Wahrheit wird niemand zum Konsumieren angeregt. Aus diesem Grund erweckt er eben den Eindruck, als verpasse man durch die eigene Kaufzurückhaltung einen aktuellen Trend. Nützen tut es allerdings nichts.

Zwar ist das Bruttoinlandsprodukt auch im vergangenen Jahr mit einem realen Plus von 2,5 Prozent kräftig gestiegen, die Konsumausgaben haben dazu jedoch nur 0,2 Prozentpunkte beigetragen. Kein Wunder, die Nettoreallöhne je Arbeitnehmer sind nämlich selbst im Boomjahr 2007 abermals um 1,7 Prozent gesunken. [1] Wo soll denn bitteschön die für die Kauflaune oder das Weihnachtgeschäft notwendige Substanz (Kaufkraft) herkommen, wenn die Reallöhne andauernd zurückgehen? Mit Gesundbeten allein ist es nicht getan.

Entscheidend sind schließlich die ökonomische Fakten, nicht das von Eigeninteresse dominierte Wunschdenken der Lobbyisten. So ist beispielsweise laut Statistischem Bundesamt der Einzelhandelsumsatz im Dezember 2007 gegenüber dem Vorjahresmonat real um 6,9 Prozent zurückgegangen. [2] Doch nicht nur das traditionell starke Weihnachtsgeschäft ist enorm eingebrochen, auch aufs gesamte Jahr 2007 hin berechnet sind die realen Umsätze des Einzelhandels um 2,2 Prozent abgesackt. Alles in allem haben sich damit die Erlöse seit 2002 um 0,3 Prozent verringert, sie entwickeln sich seit Jahren beinahe parallel zur sinkenden Kaufkraft der Arbeitnehmer.


Jahr Einzelhandelsumsätze (real) in % Nettoreallöhne je Arbeitnehmer in %
2002 -1,3 -0,4
2003 -0,5 -0,4
2004 +2,1 +0,8
2005 +1,3 -1,6
2006 +0,3 -1,9
2007 -2,2 -1,7

Ist das überraschend? Eigentlich nicht, aber hierzulande passt das halt vielen immer noch nicht ins wirtschaftspolitische Konzept. Doch wenn mittlerweile sogar dem nicht gerade als Anhänger des Keynesianismus bekannten Bundeswirtschaftsminister, Michael Glos (CSU), angesichts der schlechten Prognosen für das laufende Jahr schwant, man habe es mit der Lohnzurückhaltung vielleicht doch ein bisschen zu weit getrieben und jetzt sei eine steuerliche Entlastung der unteren und mittleren Einkommen notwendig, offenbart das die tiefe Verunsicherung der neoliberalen Claqueure. Bislang gingen sie ja gerade davon aus, dass sinkende Löhne das Wachstum anheizen. Die amerikanische Subprime-Krise, den Banken drohen aktuellen Schätzungen zufolge Verluste in Höhe von rund 265 Mrd. Dollar (178 Mrd. Euro), hat anscheinend einige nachdenklich gemacht.

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[1] Frankfurter Rundschau vom 15.01.2008
[2] Pressemitteilung Nr. 040 vom 31.01.2008