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22. Februar 2008, von Michael Schöfer
Dopen Sie?


"Nein, natürlich nicht", haben bislang ausnahmslos alle Sportler geantwortet und häufig allein die Frage als empörende Unterstellung bezeichnet. Bekanntlich wurden einige davon später des Dopings überführt, weshalb man derartigen Antworten inzwischen mit einer gehörigen Portion Skepsis begegnet. Zu Recht. Offenbar wird gelogen, dass sich die Balken biegen. Fair Play als nachahmenswertes Ideal - das war einmal.

Nun sollen etliche Besserverdienende via Liechtenstein massiv Steuern hinterzogen und auf diese Weise bis zu vier Milliarden Euro am deutschen Fiskus vorbeigeschleust haben. Der bekannteste Verdächtige ist gegenwärtig der ehemalige Post-Chef Klaus Zumwinkel. Kreditinstitute, oder wenigstens deren Mitarbeiter, sind in den Verdacht geraten, hierbei unterstützend tätig gewesen zu sein. Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist strafbar.

Die Frankfurter Rundschau hat daher in ihrer heutigen Ausgabe zehn Banken fünf Fragen gestellt:

1. Verwalten Sie Stiftungen in Liechtenstein?
2. Können Kunden bei Ihnen ein Konto eröffnen für eine Stiftung in Liechtenstein?
3. Weisen Sie Ihre Kunden in Beratungen darauf hin, dass es die Möglichkeit gibt, in Liechtenstein eine Stiftung zu gründen?
4. Können Sie ausschließen, dass diese Anlagevehikel zur Steuerhinterziehung benutzt werden?
5. Es soll Banken geben, die bei Überweisungen Codewörter anstelle des Namens nutzen. Gehören Sie dazu?

Gefragt wurden: MERCK FINCK (München); DRESDNER BANK, COMMERZBANK, BANKHAUS METZLER, DELBRÜCK BETHMANN MAFFEI, DEUTSCHE BANK (alle Frankfurt) und BERENBERG BANK (Hamburg). "Nicht geantwortet haben UBS, Sal. Oppenheim und Hauck & Aufhäuser", schreibt die FR.

Die Antwort: Durchweg ein kategorisches Nein. Mit Steuerhinterziehung im Allgemeinen und Liechtensteiner Stiftungen im Besonderen will niemand etwas zu tun gehabt haben. Jedenfalls nicht von den Banken, die Auskunft gaben. Ohne den gefragten Instituten irgendetwas unterstellen zu wollen: Es ist wie beim Doping, zunächst wird - bis zum Beweis des Gegenteils - alles geleugnet. Aber vielleicht erleben wir ja schon bald reumütige Geständnisse. Möglicherweise, wie zum Beispiel bei den Radfahrern, sogar ziemlich tränenreiche. Warten wir es ab.

Aber die Fragen der FR fand ich auch ein bisschen naiv. Was mag sich die Redaktion dabei gedacht haben? Dass die Banken reihenweise zugeben, an Steuerhinterziehungen beteiligt gewesen zu sein? Solche Erwartungen wären in hohem Maße naiv. Eventuell hat sich die Rundschau das Ganze jedoch bewusst in die Wiedervorlagemappe gelegt, um die Antworten in ein paar Wochen oder Monaten mit den Ermittlungsergebnissen (so sie denn überhaupt bekannt werden) zu vergleichen. Auf das Ergebnis darf man gespannt sein.

Noch ein Wort zur Beschaffung der mittlerweile berühmt-berüchtigten CD-Rom, für die der Bundesnachrichtendienst (BND) 4,2 Mio. Euro an den Tippgeber gezahlt hat: Ob die Informationen vor Gericht tatsächlich verwertbar sind, entscheiden am Ende die Richter selbst. Natürlich soll sich der Staat bei der Beschaffung von Beweismitteln ans Recht halten. Doch man darf nicht vergessen, dass die Daten bloß eine Straftat, und zwar die der Steuerhinterziehung, belegen. Ob der Ankauf gestohlener Daten legal war, vermag ich nicht zu beurteilen, schließlich bin ich kein Jurist. Zugegebenermaßen eine heikle Frage.

Sollten sich die Informationen als korrekt herausstellen, die Steuerhinterziehung also zweifelsfrei nachweisen, aber dennoch einem gerichtlichen Verwertungsverbot unterliegen, wäre das politisch kaum zu durchzuhalten. Das wäre der Super-Gau und würde mit Sicherheit einen Sturm der Entrüstung entfachen. Abermals würde sich nämlich der Eindruck aufdrängen: Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen.