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24. Oktober 2010, von Michael Schöfer
Die Zukunft der Bücher


Umzüge sind furchtbar, besonders wenn man viele Bücher besitzt. Bei Flugreisen sind Bücher hinderlich, weil sperrig und schwer. Von daher wäre ein eBook-Reader wirklich nicht schlecht. Seine gesamte Bibliothek einfach in der Tasche mit sich herumführen, also jederzeit und an jedem Ort auf jedes beliebige Buch Zugriff haben. Wow! In Diskussionen unschlagbar sein, zumindest was die Fakten angeht, weil man immer in der elektronischen Enzyklopädie oder in anderen Werken nachschlagen kann: im Cafe, am Arbeitsplatz oder beim Volkshochschulkurs. "Was, Sie glauben mir nicht, dass Philip Roths Held in seinem Roman Der menschliche Makel Coleman Silk heißt? Schauen Sie, da steht es!"

So ist die Theorie, die Praxis sieht allerdings anders aus. Zunächst brauche ich natürlich erst einmal einen eBook-Reader. Bei Thalia gibt es den Reader Touch Edition von Sony für 229,99 Euro. Der kann das EPUB-Format verarbeiten und darüber hinaus auch noch PDF-, TXT-, RTF- und Word-Dokumente lesen. Die interne Speicherkapazität (mit externen Speicherkarten erweiterbar) reicht für ungefähr 1.200 eBooks, die Akkulaufzeit für 10.000 Seitenumschläge (Strom wird bei eBook-Readern nur zum Seitenwechsel gebraucht). Außerdem kann man mit ihm mp3-Dateien anhören und sich diverse Bilddateien (JPEG, GIF, PNG und BMP) ansehen. Das elektronische Papier ist blickwinkelstabil und flimmerfrei. Klingt alles in allem ziemlich interessant.

Es gibt jedoch ein paar Haken und Ösen, der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Das EPUB-Format ist zwar ein offener Standard (das freilich nicht alle Händler anbieten), es werden von ihm aber auch DRM-Techniken unterstützt. Was heißt das konkret? Darf ich meine legal erworbenen eBooks wie normale Bücher an Freunde ausleihen, ohne ihnen zugleich meinen eBook-Reader überlassen zu müssen? Was passiert mit meiner Büchersammlung, wenn das Lesegerät seinen Geist aufgibt und in 10 Jahren vielleicht gar nicht mehr lieferbar ist? Muss ich meine Bibliothek neu kaufen, wenn der eBook-Reader gestohlen wird? Und im Gegensatz zu echten Büchern erwerbe ich bei eBooks lediglich die Lizenz zur Nutzung, kann die vom Verlag respektive Händler widerrufen werden? Im vergangenen Jahr hat Amazon nachträglich eBooks von den Readern seiner Kunden entfernt, weil sie unrechtmäßig angeboten wurden. Die Kunden hatten allerdings zuvor dafür bezahlt, die Löschung erfolgte ohne deren Wissen online. Ironischerweise waren ausgerechnet "1984" und "Farm der Tiere" von George Orwell betroffen.

Und wie sieht es mit dem Wichtigsten aus, den eBooks? Gibt es das, was mich interessiert, überhaupt zu kaufen? Ich habe getestet: Von den letzten zehn Büchern, die ich mir in Papierform gekauft habe, liegen acht gar nicht als eBook vor, bei den restlichen zwei hätte ich in der elektronischen Version sogar 10,03 Euro mehr bezahlt, als in der ebenfalls vorliegenden Taschenbuch- bzw. Paperback-Ausgabe. Und das, obgleich weder Lager-, Transport-, Papier- und Druckkosten anfallen. Schon allein für den eBook-Reader bekäme ich rund 15 normale Bücher. Soll ich tatsächlich mehr bezahlen, bloß weil eBooks modern sind?

Mein Fazit: Das Angebot ist zur Zeit, was die Verfügbarkeit und insbesondere den Preis angeht, absolut unattraktiv. Und zudem steht die Klärung wichtiger Fragen aus. Konsequenz: Im nächsten Urlaub lege ich halt doch wieder Taschenbücher in den Koffer. Schau'n mer mal, wie sich das Ganze in den nächsten Jahren entwickelt. Auch die Musikindustrie hat ja erst lernen müssen, dass die Kunden DRM-Einschränkungen und unattraktive Preisgestaltung nicht honorieren. Der Verlagsindustrie wird das nicht anders gehen.