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02. Februar 2011, von Michael Schöfer
Im Grunde alles arme Würstchen


Die Familie des ägyptischen Staatschefs Husni Mubarak soll ein Vermögen von 40 Milliarden US-Dollar besitzen. Sein Sohn Gamal verfügt Presseberichten zufolge über 17 Milliarden. Alaa, Mubaraks zweiter Sohn, wird auf acht Milliarden Dollar geschätzt. Und Mubaraks Frau Suzanne nennt angeblich ein Vermögen von drei bis fünf Milliarden ihr Eigen. [1] Kein Wunder, wenn das mehrheitlich darbende Volk die Kleptokraten endlich verjagen möchte.

Doch was sind das eigentlich für Menschen? Ein Porsche hätte ja vollauf genügt, aber es mussten unbedingt auch noch andere Edelmarken, wie etwa Ferrari, Lamborghini oder Rolls-Royce, in der Garage stehen. Ein Haus würde man einem Präsidenten durchaus zugestehen, aber die Mubaraks haben offenbar Immobilien und Grundstücke geradezu gesammelt. Quer über den ganzen Planeten hinweg. An gut gefüllten Bankkonten in der Schweiz, Deutschland, Großbritannien und den USA soll es ihnen ebenfalls nicht mangeln. Auf diversen Bankkonten seien Beträge in zweistelliger Milliardenhöhe versteckt, heißt es.

Gier macht blind. Und sinnlose Gier rächt sich irgendwann. Das sieht man jetzt. Dabei sind das im Grunde alles arme Würstchen, die sich mit ihrer Fixierung auf Luxusgüter nur der Lächerlichkeit preisgeben. Die ticken einfach nicht richtig. Legendär ist zum Beispiel Imelda Marcos, die 3.000 Paar Schuhe besaß. Der heimliche Wunschtraum aller Frauen? Wenn man einmal täglich die Schuhe wechselt, dauert es mehr als acht Jahre, bis man seine Schuhsammlung komplett durch hat. Das ist nicht normal, das ist Wahnsinn!

Bundeskanzlerin Merkel bezeichnete Husni Mubarak in der Vergangenheit stets als "guten Freund". [2] Und Bundesaußenminister Guido Westerwelle nannte ihn "einen Mann von großer Weisheit", der "die Zukunft fest im Blick" habe. [3] Wäre der Ägypter tatsächlich weise gewesen, hätte er sich bestimmt nicht derart hemmungslos bereichert. Sein "fester Blick in die Zukunft" hätte ihm nämlich gezeigt, dass so etwas böse enden kann.

Außerdem: Wirklich weise Menschen besaßen schon immer ein eher nüchternes Verhältnis zu Hab und Gut: Ganz nützlich, aber man soll materielle Dinge nicht überbewerten. Vor allem wussten sie: Irgendwann ist es genug.

Es bleibt abzuwarten, wie die korrupte Clique um Mubarak enden wird. Derzeit lässt er seine Anhänger brutal auf die Demonstranten einschlagen. Mubaraks letztes Gefecht? Wir werden es sehen. Die viel spannendere Frage ist jedoch, wohin der Mubarak-Clan demnächst flüchten wird. Und welche Besitztümer ihm dann im Exil zur Verfügung stehen. Es darf nicht sein, dass die Kleptokraten nach ihrer Flucht auch noch das gestohlene Volksvermögen in aller Ruhe verprassen dürfen. Mubaraks Immobilien und Bankkonten gehören folglich umgehend beschlagnahmt. Das Geld wird in Ägypten viel dringender gebraucht.

PS: Noch vor kurzem wäre ich in Ägypten für einen solchen Artikel erschlagen oder zumindest gefoltert worden. Ahnen Sie jetzt, warum die Menschen dort endlich frei sein wollen? Es geht nicht bloß ums Geld.

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[1] Basler Zeitung vom 01.02.2011
[2] Bundesregierung, Pressebegegnung von Bundeskanzlerin Merkel und Präsident Mubarak am 10. Dezember 2006 in Berlin
[3] Deutsche Welle vom 23.05.2010