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24. April 2011, von Michael Schöfer
Weltuntergang 2012


Die Welt sollte schon oft untergehen, aber komischerweise hat sie es dennoch immer irgendwie geschafft zu überleben. Wie macht sie das bloß? Nehmen wir zum Beispiel den "Millennium-Bug": Kurz vor der Jahrtausendwende wurde bekannt, dass unsere Computer die Zahl "00" als "1900" interpretieren (anstatt korrekterweise als "2000"). Einst hatten Programmierer, um Speicherplatz zu sparen, Jahreszahlen nur zweistellig eingegeben. Und dieser "Fehler" wurde nie korrigiert. Deshalb befürchtete man zu Beginn des neuen Millenniums massenhaft Computerabstürze, die wegen möglicher Fehlfunktionen beim Militär sogar einen Atomkrieg auslösen könnten. Und was passierte? Nichts! Das einzige, das am 31.12. explodierte, waren - wie gehabt - Silvesterraketen.

Auch durch die Inbetriebnahme des Large Hadron Collider (LHC) bei Genf, dem mit 27 km Umfang größten Teilchenbeschleuniger der Erde, befürchteten verängstigte Zeitgenossen das Herannahen des Weltuntergangs. Da man im LHC Teilchen mit 99,9999991 Prozent der Lichtgeschwindigkeit kollidieren lässt, um tiefer in die Materie vorzudringen als je zuvor, könnten "Schwarze Löcher" entstehen, die die Erde anschließend in den Gezeitenstrudel reißen. Und was passierte? Wieder nichts!

Bisher ist weder ein großer Asteroid eingeschlagen noch ist die Wiederkunft Jesu und das damit einhergehende Jüngste Gericht über uns gekommen. Und falls Sie es noch nicht gemerkt haben: Weltuntergänge passieren andauernd, die esoterische Literatur ist geradezu mit entsprechenden Ankündigungen gespickt. Es bekommt bloß keiner etwas davon mit, weil die Prophezeiungen nie eintreffen. Enttäuschend, nicht wahr? Man fühlt sich fast um den Weltuntergang geprellt.

Das Erdbeben in Japan ist bestimmt der Auftakt zum Weltuntergang 2012 gewesen, heißt es jetzt. Der Anfang vom Ende. Angeblich geht ja am 21. Dezember 2012 die Welt unter. Wieder einmal. Esoteriker schließen das aus dem vermeintlichen Ende eines Maya-Kalenders, daher müsse die Welt zu diesem Zeitpunkt unweigerlich zugrunde gehen. Naja, die Logik wird eben von Zeit zu Zeit vergewaltigt.

Sehen Sie es positiv, liebe Leser: Sie können sich im nächsten Jahr zumindest den Kauf von Weihnachtsgeschenken sparen. Begründen Sie Ihren Geiz einfach mit dem nahenden Weltuntergang. Falls die Welt wider Erwarten auch den überstehen sollte, haben Sie wenigstens noch ein bisschen Geld auf dem Konto.

Was wird 2012 aller Voraussicht nach passieren? Vielleicht abermals ein Erdbeben, unter Umständen der Ausbruch eines schlimmen Krieges, womöglich sogar der längst vorhergesagte Zusammenbruch des Kapitalismus - aber ganz gewiss nicht der Weltuntergang. Okay, am 6. November 2012 sind in den USA Präsidentschaftswahlen. Und falls Sarah Palin die wirklich gewinnen sollte, käme das dem Weltuntergang in der Tat ziemlich nahe. Was wohl der Maya-Kalender über die Symbolfigur der Tea-Party-Bewegung sagt? Ich bin sicher, das hat noch niemand erforscht.

Außerdem bedeutet selbst der Einschlag eines Asteroids vom Schlage des vor 65 Millionen Jahren in Yucatan heruntergekommenen Brockens mit einem Durchmesser von etwa 10 bis 15 Kilometern keineswegs das Ende der Welt. Das Massenaussterben an der Kreide-Tertiär-Grenze soll zwar kein Landlebewesen überlebt haben, das schwerer als 25 kg war. Zweifellos würde die Menschheit so ein Ereignis also kaum überleben. Aber der Untergang der Menschheit ist nicht gleichbedeutend mit dem Untergang der Welt. Denn das, was wir heute sehen, hat sich seitdem aus den wenigen überlebenden Arten entwickelt. Falls Ihnen das ein Trost ist: Irgendeine Spitzmaus wird sicherlich überleben und das ganze Gedöns, vom Faustkeil bis zur Atombombe, beginnt von vorne.

Sie brauchen sich wirklich keine Sorgen machen, die Welt wird nicht unterg