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| Impressum 02. Mai 2012, von Michael Schöfer E-Book-Angebot ist besser geworden Seitdem ich mich das letzte Mal mit E-Books beschäftigt habe [1] (mittlerweile scheint sich ja diese Schreibweise eingebürgert zu haben, obgleich man immer noch "eBook" findet), hat sich einiges - bei der Hardware und den E-Books selbst - getan. Die renommierte Computerzeitschrift c't hat im November letzten Jahres E-Book-Reader getestet und war vom "Sony Reader PRS-T1" sehr angetan. Aber auch die damalige Version des Amazon "Kindle" bekam gute Noten. Kürzlich konnte ein Test des neuen "Kindle Touch" den positiven Eindruck bestätigen. Die Hersteller machen offenbar Fortschritte und erleichtern so - zumindest potenziell - den Schritt weg vom traditionellen Buch hin zum E-Book. Störend sind aber nach wie vor die Einschränkungen, denen die Leser zwangsläufig unterliegen. So kann man ein E-Book nicht ohne weiteres ausleihen, denn es ist in der Regel an ein bestimmtes Gerät gebunden. DRM nennt sich das: Digital rights management. Damit wollen sich die Verlage vor Raubkopien schützen. Ob ihnen das ähnlich "erfolgreich" wie der Musikindustrie gelingt, wird man sehen. Störend ist es aber allemal. Außerdem kann etwa der Kindle nicht das weitverbreitete EPUB-Format verarbeiten, Amazon setzt hier mit einem eigenen Format bewusst Grenzen. Was damit bezweckt wird, ist klar: Kauft E-Books nur bei uns. Pluspunkt von E-Book-Readern ist zweifellos, auf winzigem Raum jede Menge Lesestoff verfügbar zu haben, das macht sich insbesondere auf Flugreisen vorteilhaft bemerkbar - es fliegen anstatt dicker Wälzer eben mehr T-Shirts mit. Auf den E-Book-Reader von Sony passen ca. 1.200 E-Books, auf den Kindle ca. 3.000. Das ist mehr als die meisten je lesen werden. Wem das immer noch nicht reicht, kann mittlerweile bei vielen Readern auf Speichererweiterungen (MicroSD, Cloud etc.) setzen. Nachteil: Am Strand sind Bücher aus Papier unempfindlicher und weniger diebstahlsgefährdet. Will man umsteigen, ist jedoch der Preis für die E-Books und die Angebotspalette entscheidend. Ich wiederhole also meinen Test von vor eineinhalb Jahren, damals fiel das Ergebnis ja ernüchternd aus: "Gibt es das, was mich interessiert, überhaupt zu kaufen? (…) Von den letzten zehn Büchern, die ich mir in Papierform gekauft habe, liegen acht gar nicht als eBook vor, bei den restlichen zwei hätte ich in der elektronischen Version sogar 10,03 Euro mehr bezahlt, als in der ebenfalls vorliegenden Taschenbuch- bzw. Paperback-Ausgabe. Und das, obgleich weder Lager-, Transport-, Papier- und Druckkosten anfallen. Schon allein für den eBook-Reader bekäme ich rund 15 normale Bücher. Soll ich tatsächlich mehr bezahlen, bloß weil eBooks modern sind?", schrieb ich damals. Wie sieht es heute aus? Hier die letzten zehn von mir gekauften Printausgaben im Vergleich zur elektronischen Version:
Das Ergebnis ist erfreulich: Hätte ich im Oktober 2010 noch acht von zehn Büchern gar nicht als E-Book bekommen, sind es heute bloß noch dreieinhalb (das Buch von Jens Berger findet sich bei Amazon, allerdings nicht bei Buch.de). Zwar immer noch ärgerlich, doch das Angebot wird spürbar besser. Wesentlich erfreulicher: Es hat sich etwas an der Preisfront getan. Bekam man früher E-Books oft nur geringfügig billiger als die gebundene Ausgabe, sind sie heute preislich meist unterhalb der Taschenbuch-Ausgabe anzusiedeln - man spart pro Buch zwei bis vier Euro. Bitte beachten: Mein Test ist natürlich nicht repräsentativ. Inzwischen gibt es auch viele Gratis-E-Books, zum Beispiel bei "ePub", dort bekommt man die Bücher der Gutenberg-Bibliothek gleich im EPUB-Format zum Download angeboten (eigenhändig geht es mit der Software Calibre ein bisschen umständlicher). Amazon bietet im Kindle-Shop ebenfalls zahlreiche kostenlose E-Books an. Wer nicht davor zurückschreckt, sich an einen Anbieter zu binden, dessen proprietäres E-Book-Format einen späteren Wechsel faktisch verhindert, ist beim "Kindle Touch 3G" gut aufgehoben. Amazon verspricht, weltweit gratis "Zugang zu Kindle-Inhalten über 3G - Bücher jederzeit und überall herunterladen". In der Tat, nie war der Buchkauf einfacher. Wegen dem fehlenden EPUB-Format bleiben aber beim Kindle die Gratis-Bücher der Gutenberg-Bibliothek außen vor - es sei denn, man konvertiert sie manuell mit Calibre in ein passendes Format um (was ich freilich nicht ausprobiert habe). Gefahr: Geht Amazon irgendwann pleite, ist die E-Book-Bibliothek wohl ebenfalls futsch (das kann bei Büchern aus Papier nicht passieren). Fazit: Nach wie vor ziehe ich bei der Tageszeitung und bei Büchern die traditionelle Papierform vor, am Bildschirm zu lesen erscheint mir irgendwie anstrengender. Aber das ist wahrscheinlich nur Gewohnheitssache. Was die Zeitung angeht, hat Apples iPad bereits viel verändert. Die App der Frankfurter Rundschau soll ja wirklich phänomenal sein. Ist Windows 8 auf Tablet-PCs ein Erfolg, wird sich der Trend zur Zeitungs-App sicherlich weiter verstärken. Auf einem Gerät mobil unterwegs sein, dort aber gleichzeitig die gewohnte Software vorzufinden, mit der man wie üblich seine Arbeit erledigt, könnte zu einem echten Verkaufsschlager werden. Warten wir noch ein Weilchen ab, spätestens Ende des Jahres soll Windows 8 endlich fertig sein. Und was E-Books angeht, werde ich es im nächsten Urlaub vielleicht einmal ausprobieren, wegen Amazons eigenem Format kaufe ich aber vermutlich keinen Kindle. ---------- [1] siehe Die Zukunft der Bücher vom 24.10.2010 |