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13. August 2014, von Michael Schöfer
Betriebsausflug


Neulich, beim Betriebsausflug der westlichen Wertegemeinschaft:

"Du, Barack, ich will ja nichts sagen, aber der Weg wird immer holpriger. Weißt du wirklich, wohin wir fahren", fragt Angela M. besorgt.

"Don't worry, Angie, mit diesem Four-Wheel-Bus we can überall hin", versucht der Mann am Steuer zu beruhigen. "By the way, I know, wo's langeht. Always along the red line."

Kurz nach Bagdad biegen sie in irrsinnigem Tempo um die Ecke. "Oje", seufzt Frank-Walter S. urplötzlich, "das gibt bestimmt Ärger."

"Was denn? Wo denn?", fragt Gregor G.

"Na, dann stell dich doch mal hin, damit du besser sehen kannst", schimpft Sigmar G.

Anton H. lästert vom Rücksitz aus: "Der steht doch schon. Da sind ja meine Haare länger..."

Frank-Walter S. lässt nicht locker: "Da, die schwarze Wand, die steht mitten auf der Straße. Und wenn wir nicht ganz schnell bremsen, gibt’s gleich einen heftigen Knall."

Angela M. etwas naiv: "Das schwarze Ding da, mit den komischen Kringel drauf?"

"Die 'komischen Kringel' sind arabische Schriftzeichen. Das ist die Wand des 'Islamischen Staates'", belehrt Cem Ö. die Anwesenden. Das Grauen spiegelt sich in den finsteren Mienen der Ausflügler wider. Allgemeines Raunen: "Oh, der Islamische Staat... So eine Überraschung."

Barack O. nach ein paar Schrecksekunden: "Don't worry, Angie, ich werde bremsen..." Aber unmittelbar darauf: "Damned, I can't, Bremsen kaputt."

"Das ist die Schuld von George W.", schreit Sahra W. dazwischen. "Der hat den Bus 2003 ohne TÜV-Plakette importiert. Absolut illegal, und seitdem natürlich auch keine Inspektion mehr machen lassen. Mal wieder typisch Amis."

"Das hilft uns jetzt auch nicht weiter", analysiert Frank-Walter S. sichtlich genervt. "Wir rasen mit 160 Sachen auf eine Wand zu und du willst über fehlende TÜV-Plaketten diskutieren? Schnell, sonst gibt’s eine Katastrophe."

Barack O.: "I prefer Ersatzteillieferung. Urgently. Double-Bremsscheiben mit ordentlichem Wumms."

"I prefer it too", bellt der Brite David C. "D'accord, d'accord", fügt François H. mit gespielter Lässigkeit hinzu.

"Das geht aber nicht", hebt Angela M. den Finger. "Wir dürfen keine Bremsscheiben an Rostlauben liefern, jedenfalls solange das Bremsgestänge unter Spannung steht. Bremsscheiben-Export-Richtlinie § 9 Absatz 3 Buchstabe f." Sie hofft, damit aus dem Schneider zu sein.

Sahra W. bekräftigt parteiübergreifend: "Es gibt hier schon so viele Double-Wumms-Bremsscheiben. Das Land braucht alles, bloß keine weiteren Double-Wumms-Bremsscheiben mehr. Die brauchen hier unsere uneingeschränkte Solidarität, das ist es. Und außerdem muss die PKK-Werkstatt wieder auf die Vertragshändlerliste gesetzt werden."

Barack O., David C. und François H. widersprechen energisch. "Wenn wir keine Double-Wumms-Bremsscheiben liefern, bricht hier bald der gesamte Verkehr zusammen."

"Richtig, sehr richtig", stimmt Cem Ö. zu. "Bremsen tut man nämlich nicht mit der Yogamatte."

Anton H. beklagt allerdings: "Das hätte man den Autofahrern rechtzeitig sagen müssen." Und ein bisschen rechthaberisch: "Haben wir seit Jahren gefordert!"

Angela M. lenkt ab: "Wir sollten erst die Finanzierung klären."

Gregor G. vorsichtig herantastend: "Ausnahmsweise könnte man ja mal..."

Frank-Walter S. unterbricht ganz gegen seine sonstige Gewohnheit: "Hey, Leute, die Wand, sie kommt näher..."

Barack O.: "Don't worry, Frank-Walter, don't worry, ich hab' bereits den Fallschirm geöffnet."

Sahra W.: "Gebremst wird nur mit Genehmigung des Sicherheitsrates. Wie oft muss ich das noch sagen?"

Gregor G.: "Ich befürworte die Lieferung von Bremsscheiben... Aber nur dieses eine Mal."

Ursula von der Leyen rät fürs Erste zum Einbau eines elektronischen Kollisionswarnsystems.

David C. bellt: "It lasts too long!" François H. noch viel lässiger als vorhin: "D'accord, d'accord."

Bei Gregor G. piepst es, SMS aus dem Karl-Liebknecht-Haus: "Gregor, halt' dich dran! Double-Wumms-Bremsscheiben nur für die heimische Autobahn! Wenn überhaupt..."

Daraufhin meldet er sich erneut zu Wort: "Ich befürworte die Lieferung von wirkungsvolleren Airbags."

Frank-Walter S. ist inzwischen kreidebleich und fasst sich japsend ans Herz: "Die Wand, die Wand..."

Angela M. mächtig stolz: "Ich übernehme die Reparaturkosten."

Frank-Walter S. mit weit aufgerissenen Augen immer schriller: "Die Wand, die Wand..."

Liebe Leserinnen und Leser, wir wissen leider nicht, wie der Betriebsausflug der westlichen Wertegemeinschaft ausgegangen ist noch wo er geendet hat. Ob, wie üblich, mit einem allgemeinen Besäufnis in der Hotelbar oder auf der Intensivstation des Klinikums Kirkuk? Keine Ahnung! Ist es den Ausflüglern gelungen, den Bus noch rechtzeitig zum Stehen zu bringen? Oder war die örtliche Feuerwehr geraume Zeit mit der Bergung der Verletzten beschäftigt? Das wird, so ist zu befürchten, eine längere Fortsetzungsgeschichte. Demnächst hier, in Ihrem Theater.