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17. Oktober 2015, von Michael Schöfer
Kapitale Fehleinschätzung


Die Öffentlichkeit hat die Meldung, dass der Playboy künftig auf den Abdruck nackter Frauen verzichtet, mit Verwunderung zur Kenntnis genommen. Ab März 2016 werden dort nur noch bekleidete Frauen gezeigt. Genauer: leicht bekleidete Frauen. Gewissermaßen wie ein Oktoberfest, bei dem nur alkoholfreies Bier in die Maßkrüge kommt. Begründung: Man könne heutzutage im Internet per Mausklick ganz umsonst an nackte Frauen kommen, was das Männermagazin in dieser Hinsicht überflüssig mache.

Doch das ist eine kapitale Fehleinschätzung: Generationen angehender Gentlemen haben den Playboy natürlich nicht wegen den nackten Frauen gekauft, sondern einzig und allein wegen den hochinteressanten Interviews. Ich bitte Sie, die Playmates waren doch bloß eine zugegebenermaßen attraktive, aber letztlich für den Erwerb des Männermagazins vollkommen irrelevante Dreingabe. Ziel der Lektüre des Playboy war die Ausbildung und Kultivierung guten Geschmacks, keinesfalls die ausklappbare, aber genau besehen ziemlich alberne Präsentation weiblicher Rundungen. Denken Sie doch nur mal an die Playboy-Bunnies mit den Hasenohren, müssen Sie da nicht selbst kichern?

Der Playboy, davon bin ich felsenfest überzeugt, wird noch Jahrzehnte weiterbestehen, denn die Interviews bleiben ihm ja glücklicherweise erhalten. Lifestyle siegt klar und deutlich über Stimulationshilfsmittel. Der Aufschrei der Leser hielt sich demzufolge in Grenzen.