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11. April 2016, von Michael Schöfer
Mehr Schein als Sein


"Steuerhinterziehern das Handwerk legen." Unter dieser Überschrift erläuterte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble in einem Interview seine Absicht, der grassierenden Steuerhinterziehung einen Riegel vorzuschieben. "Für mich bestand und besteht kein Zweifel daran, dass Bund und Länder alles tun müssen, um Steuerhinterziehern das Handwerk zu legen. Damit sichern wir die Gleichmäßigkeit der Besteuerung und dienen der Steuergerechtigkeit in Deutschland. Das gilt auch und besonders bei Auslandssachverhalten. Wir müssen alles rechtlich Zulässige tun, um an steuererhebliche Informationen zu gelangen. (…) Das sind wir den ehrlichen Steuerzahlern in unserem Land ganz einfach schuldig." Gut zu wissen, dass der Bundesfinanzminister das Problem auf dem Radarschirm hat und konsequent gegen Steuerhinterzieher vorgehen will. Weniger gut ist freilich, dass diese Äußerungen aus dem Jahr 2010 stammen [1], was den Eindruck des konsequenten Vorgehens gewaltig relativiert. Offenbar redet Schäuble gerne über die Bekämpfung der Steuerhinterziehung, gleichwohl ist bis dato nicht allzu viel passiert.

Auch jetzt, angesichts der Panama Papers, hören wir von unserem Bundesfinanzminister vor allem wohlklingende Absichtserklärungen. Neuerdings will er mit einem Zehn-Punkte-Plan gegen Steuerbetrug und Geldwäsche kämpfen. "Der Plan solle es erschweren, Geld vor dem Staat in Steueroasen zu verstecken. Konkret solle in Deutschland zügig ein sogenanntes Geldwäsche-Register entstehen, das sämtliche Unternehmenskonstruktionen und die jeweils Begünstigten aufführe." [2] Anonyme Briefkastenfirmen will er allerdings nicht generell verbieten, Transparenz sei der bessere Weg. Staaten, die nicht kooperieren, werden laut Schäuble auf eine Schwarze Liste gesetzt. Unverhohlen droht er der mittelamerikanischen Steueroase: "Wenn Panama nicht rasch kooperiert, werden wir dafür eintreten, bestimmte in Panama getätigte Finanzgeschäfte international zu ächten."

Es soll also "zügig" ein Geldwäsche-Register entstehen. Klingt echt nach Tatkraft. Die entsprechende EU-Richtlinie ist aber bereits seit Juni 2015 in Kraft.
[3] Zügig ist offenbar relativ. Immerhin will die Bundesregierung bis zur Sommerpause einen Gesetzentwurf vorlegen. Doch warum ist das nicht längst geschehen? Warum braucht Schäuble den Anstoß der Panama Papers, um jetzt endlich in die Puschen zu kommen? Zumindest kündigt er das nun an. Ob das Geldwäsche-Register demnächst tatsächlich Realität wird? Welche Schlupflöcher bleiben offen, welche werden geschlossen? Schau'n mer mal. Zugegeben, der Kampf gegen die Steuerhinterziehung ist ein zähes Geschäft, und natürlich ist für viele Maßnahmen die vorherige internationalen Abstimmung unerlässlich. Dennoch ist der Eindruck, dass mehr darüber geredet als gehandelt wird, vermutlich nicht ganz unberechtigt. Steueroasen und Briefkastenfirmen gibt es schließlich nicht erst seit gestern. So richtig scheinen unsere Politiker - allen verbalen Bekundungen zum Trotz - das Problem nicht angehen zu wollen. Übrigens nicht bloß bei uns.

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[1] dbb-Magazin, April 2010, Seite 4f, PDF-Datei mit 4,2 MB
[2] Focus-Online vom 11.04.2016
[3] EUR-Lex, EU-Richtlinie 2015/849 vom 20.05.2015, PDF-Datei mit 722 kb