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24. Mai 2016, von Michael Schöfer
Es wird heißer denn je


Verheerende Waldbrände in Kanada als Folge einer ungewöhnlichen Hitzewelle. Eine extreme Dürreperiode, die die Hungersnot nach Äthiopien zurückkehren lässt. Rekordhitze in Indien mit 51 Grad Celsius, Rekordhitze im israelischen Eilat mit 46 Grad. Eine Hitzewelle im westafrikanischen Burkina Faso, wo das Thermometer auf bis zu 45 Grad ansteigt. Alles eine Folge des Klimawandels? Da muss man vorsichtig sein, denn regionale Wetterereignisse haben isoliert betrachtet noch nichts mit dem globalen Klima zu tun. Wetter und Klima sind zwei verschiedene Paar Stiefel. Gleichwohl ist natürlich eine Häufung solcher Anomalien durchaus aussagekräftig.

Wesentlich besser zur Beurteilung, ob der Klimawandel existiert, sind die Aufzeichnungen der Wetterdaten, wie sie beispielsweise vom Goddard Institute for Space Studies (GISS) der NASA vorgenommen werden. Die Daten sind im Internet frei zugänglich. Und sie bestätigen zweifelsfrei: Auf der Erde wird es immer wärmer.

Können Sie sich noch daran erinnern, dass es vor einigen Jahren hieß, der Klimawandel mache eine Pause? Klimaskeptiker jubelten bereits und sahen ihre These bestätigt, der Klimawandel sei ohnehin nur eine Klimahysterie, existiere mithin bloß in der Einbildung. Die Daten belegen allerdings, dass es gar keine Klimapause gab. Im Gegenteil, sie sind beunruhigender als je zuvor, denn der Trend zu höheren Durchschnittstemperaturen ist offenbar ungebrochen.

Beim GISS findet man alle Temperaturdaten seit 1880, und danach hat sich die globale Durchschnittstemperatur sukzessive erhöht. Die Daten liegen indexiert vor und drücken die Abweichung vom Durchschnitt der Jahre 1951-1980 (= Bezugszeitraum) aus. Das vergangene Jahr hatte einen Indexwert von 87 und war damit das wärmste Jahr seit dem Beginn der Temperaturaufzeichnungen (siehe Schaubild).

 

Was aber noch beunruhigender ist, sind die Werte der ersten vier Monate des Jahres 2016 - sie ergeben nämlich einen Durchschnitt von 121. Seit Oktober 2015 liegen die Indexwerte der einzelnen Monate erstmals im dreistelligen Bereich. Das gab es vorher noch nie! Die Erderwärmung scheint sich rapide zu beschleunigen. Selbstverständlich ist es noch viel zu früh, um aus den Daten von lediglich vier Monaten auf das ganze Jahr zu schließen. Doch setzt sich der Trend fort, wird das Jahr 2016, was die globale Durchschnittstemperatur angeht, nicht nur erneut ein Rekordjahr, die Temperatur wird dann auch in bislang unerreichte Höhen vorstoßen. Und das hat sicherlich nicht nur mit dem Phänomen El Niño zu tun.

Gewiss, noch wäre es voreilig, auf dieser schmalen Datengrundlage eine derart gewagte Prognose abzugeben. Aber nichtsdestotrotz ist das Ganze ein Warnsignal, das sich die Staatengemeinschaft vielleicht zu Herzen nimmt. Was wir endlich brauchen, sind verbindliche (!) Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgase. Die Zeit dazu wird langsam knapp. Und sie ist viel zu knapp, um mit dem Klimawandel noch politische Spielchen zu betreiben.