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| Impressum 19. August 2016, von Michael Schöfer Verbieten, was bereits verboten ist Die Innenminister der Union wollen die Vollverschleierung zumindest teilweise verbieten. In ihrer "Berliner Erklärung" sehen sie Folgendes vor: "Die komplette Verhüllung muslimischer Frauen durch Burka oder Niqab sei ein 'Integrationshemmnis', heißt es in der Erklärung der Unionsminister. Zudem stehe sie 'im Widerspruch zur Gleichberechtigung und Würde der Frau'. Die Vollverschleierung soll daher verboten werden für Angestellte des öffentlichen Dienstes, in Kitas, Schulen, Universitäten, Gerichtssälen, Melde- und Standesämtern. Zudem werden Demonstrationen und der Straßenverkehr genannt. Verstöße sollen als Ordnungswidrigkeit geahndet werden." [1] Welch kraftvolles Zeichen gegen den Terror. (Achtung: Ironie!) Es stellt sich nämlich die naheliegende Frage, wie viele Beschäftigte des öffentlichen Dienstes überhaupt Burka oder Niqab tragen. Die wird man wohl mit der Lupe suchen müssen, wenn man überhaupt welche findet. Dass Burka und Niqab bei Pass- und Verkehrskontrollen sowie Demonstrationen verboten werden sollen, ist wirklich lustig, denn das erlauben die Gesetze bereits jetzt. § 17a Abs. 2 Versammlungsgesetz: Es ist verboten, bei öffentlichen Versammlungen "in einer Aufmachung, die geeignet und den Umständen nach darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern, teilzunehmen oder den Weg zu derartigen Veranstaltungen in einer solchen Aufmachung zurückzulegen." Und bei Personenkontrollen darf die Polizei natürlich die Identität feststellen (alles andere wäre ja ein Witz hoch drei), zum Beispiel laut § 26 Abs. 2 Polizeigesetz Baden-Württemberg: "Die Polizei kann zur Feststellung der Identität die erforderlichen Maßnahmen treffen." Die Meldeämter müssen ebenfalls die Identität feststellen: "Die Meldebehörden haben die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen (Einwohner) zu registrieren, um deren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachweisen zu können." (§ 2 Abs. 1 Bundesmeldegesetz) Auch im Straßenverkehr ist der Fahrzeugführer schon jetzt dafür verantwortlich, dass seine Sicht nicht beeinträchtigt ist (§ 23 Abs. 1 StVO). In all diesen Fällen müssen Burka oder Niqab abgelegt werden, ebenso übrigens bei der Fluggastkontrolle an Flughäfen (§§ 5 und 8 Luftsicherheitsgesetz). Mit anderen Worten: Die Forderung der Innenminister von CDU und CSU ist unter der Rubrik "Volksverdummung" einzuordnen. Sie tun nur so, als ob sie was täten. In Wahrheit ist es eine reine Luftnummer. Wer den Terror bekämpfen will, sollte sich mit wirksamen Maßnahmen befassen. ---------- [1] tagesschau.de vom 19.08.2016 |