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03. Mai 2017, von Michael Schöfer
Die CDU bleibt eine Partei der Haus- und Grundbesitzer


Mannheim gehört, was die Mietpreise angeht, noch nicht zu den hochpreisigen Regionen in Deutschland. Jedenfalls nicht im Vergleich zu München oder Frankfurt am Main. Dennoch sind Mietwohnungen für Gering- und Normalverdiener auch hier zunehmend unerschwinglich. Insbesondere das Angebot von Neubauwohnungen richtet sich offenkundig fast ausschließlich an die Besserverdienenden, wie eine nichtrepräsentative Auswahl aus einem Immobilien-Portal belegt:
  • Neubau, Erstbezug, 3 Zimmer, 100 qm, Kaltmiete 1.480 € + NK 300 € = 1.780
  • Neubau, Erstbezug, 3 Zimmer, 100 qm, Kaltmiete 1.100 € + NK 200 € = 1.350
  • Neubau, Erstbezug, 3 Zimmer, 75 qm, Kaltmiete 770 € + NK 185 € = 955
  • Neubau, Erstbezug, 2 Zimmer, 65 qm, Kaltmiete 630 € + NK 135 € = 765
  • Neubau, Erstbezug, 2 Zimmer, 60 qm, Kaltmiete 600 € + NK 160 € = 760
Hinzu kommen natürlich die Kosten für Strom und Heizung. Und in dieser Aufstellung sind noch nicht einmal die besonders hochpreisigen Angebote enthalten, wie etwa die luxuriöse 6-Zimmer-Wohnung für 2.300 € (inkl. NK). Auch luxussanierte Wohnungen sind kein Problem - solange man über das notwendige Kleingeld verfügt. Da fragt man sich wirklich, wo in Mannheim Durchschnittsverdiener unterkommen sollen. Klar, im Altbaubestand, der aber ebenfalls peu à peu teurer wird. Für die Verkäuferin oder die Krankenschwester ist bezahlbarer Wohnraum erkennbar knapp geworden. Wohl dem, der jetzt nicht umziehen muss.

Im Gemeinderat wollen SPD, Grüne und Linke eine Wohnraumquote beschließen, die der Misere Einhalt gebieten soll. Danach haben die Vermieter bei Neubauten 25 Prozent zu einem Mietpreis von maximal 7,50 Euro pro Quadratmeter anzubieten. CDU, Mannheimer Liste und Liberal-Konservative Reformer sind erwartungsgemäß dagegen. CDU-Kreisvorsitzender Nikolas Löbel, der hier bei der Bundeswahl das Direktmandat holen will, hält von der Quote wenig. In der Vorlage drehe es sich überdies "zu viel um das Thema bezahlbarer Wohnraum und zu wenig um die Schaffung von Wohneigentum". Sein Fraktionskollege Konrad Schlichter sekundiert: "Das ist Ideologie, nein, mit uns nicht!" [1]

Wenn die CDU als Alternative zu bezahlbarem Wohnraum die Schaffung von Wohneigentum empfiehlt, hat sie offenbar das Problem verkannt. Denn wer bezahlbaren Wohnraum sucht, also nur über ein durchschnittliches oder gar unterdurchschnittliches Einkommen verfügt, kann sich Wohneigentum erst recht nicht leisten. Das, was die CDU den Quoten-Befürwortern entgegenhält, ist lediglich eine Scheinalternative. Im Ergebnis muss man leider festhalten: Seit Jahren ist bezahlbarer Wohnraum knapp. Und seit Jahren wird darüber diskutiert, wie man diesen Missstand beseitigen kann. Was aber unterdessen auf der Strecke bleibt, ist die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. So verstreicht wieder einmal wertvolle Zeit.

Hier werden alte Vorurteile bestätigt, die CDU sei eben doch eine Partei der Haus- und Grundbesitzer. Und man muss in diesem Zusammenhang noch einmal daran erinnern, dass die Wende hin zu mehr Marktwirtschaft auf dem Wohnungsmarkt einst von Altkanzler Helmut Kohl eingeleitet wurde: Steuerliche Förderung des Wohneigentums, aber weniger Sozialwohnungen. Allzu viel scheint die CDU nicht dazugelernt zu haben.

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[1] Mannheim Morgen vom 03.05.2017