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| Impressum 22. November 2017, von Michael Schöfer Verdammt lang her... Das Landesverfassungsgericht in Nordrhein-Westfalen hat die 2,5 Prozent-Sperrklausel bei Kommunalwahlen, die 2016 mit den Stimmen von CDU, SPD und Grünen in die Landesverfassung aufgenommen wurde, gekippt. Die Sperrklausel verstoße gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, weil per "Ungleichbehandlung der Wählerstimmen hinsichtlich ihres Erfolgswertes" kleine Parteien und Wählervereinigungen ohne Einfluss in den kommunalen Parlamenten blieben. "Eine Ungleichbehandlung der Stimmen könne nur dann vereinbar mit der Verfassung sein, wenn es dafür einen zwingenden Grund gäbe - etwa eine Störung der Funktionsfähigkeit der Volksvertretungen." [1] Dafür, dass eine Vielzahl von Gruppierungen die Politik in den Kommunen lahmgelegt hätte, konnten die Befürworter freilich kein einziges Beispiel nennen. Abstrakte Erwägungen genügten jedoch nicht, um eine Verletzung der Gleichheit aller Stimmen zu rechtfertigen, urteilten die Richter. CDU, SPD und Grüne bedauerten das Urteil. Die Grünen haben wahrlich einen langen Weg zurückgelegt. Es verwundert kaum, dass sie sich inzwischen auch auf Bundesebene der Union angenähert haben, wie zuletzt die Jamaika-Sondierungsgespräche gezeigt haben. Allerdings haben die Grünen dabei Grundsätze über Bord geworfen, die durchaus ihren Sinn hatten. Nun reagieren sie genauso wie die Etablierten, die sie einst bekämpften. Anders ausgedrückt: Heute zählen die Grünen ebenfalls zu den Etablierten. Und so, siehe oben, führen sie sich auch auf.
---------- [1] Süddeutsche vom 21.11.2017 [2] Heinrich Böll Stiftung, Bundesprogramm Die Grünen 1980, PDF-Datei mit 8,5 MB [3] Heinrich Böll Stiftung, Politische Grundsätze Bündnis 90/Die Grünen 1993, PDF-Datei mit 4 MB [4] Heinrich Böll Stiftung, Grundsatzprogramm Bündnis 90/Die Grünen 2002, PDF-Datei mit 1,4 MB |