Home | Archiv | Leserbriefe | Impressum



14. Dezember 2017, von Michael Schöfer
Jerusalem


Die geplante Verlegung der amerikanischen Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem und die damit einhergehende Anerkennung der Stadt als israelische Hauptstadt hat weltweit Kritik hervorgerufen. Demonstrationen gegen Israel aber genauso. Wenn dabei, wie hier in Deutschland geschehen, "Tod den Juden" skandiert wird, ist das nicht bloß wegen unserer vorbelasteten Geschichte unerträglich. Der Ruf "Tod den …" (Juden, Christen, Moslems, Arabern, Russen, Amerikanern etc.) ist generell verwerflich, insbesondere wenn er rassistischen Motiven entspringt. Allerdings muss auch festgehalten werden: Kritik an der völkerrechtswidrigen Besetzung der palästinensischen Gebiete und an der Diskriminierung der arabischen Bevölkerung ist nicht von vornherein antisemitisch. Kann zwar sein, muss aber nicht. Vielen Menschen geht es vielmehr ausschließlich darum, die durch Israel begangenen Menschenrechtsverletzungen anzuprangern.

Selbstverständlich haben auch die Palästinenser Anspruch darauf, dass man ihre Menschenrechte beachtet. So wie alle anderen Erdbewohner - gleich welcher Ethnie, welcher Religion oder welchem Volk sie auch angehören mögen. Bislang war das jedenfalls Grundkonsens unter Demokraten und ist seit langem die Basis des Völkerrechts. Und an diesem Maßstab muss sich auch Israel messen lassen. Die Palästinenser natürlich ebenso. Wer das jedoch als Antisemitismus diffamiert, muss sich fragen lassen, ob er es sich mit dem Totschlagargument nicht allzu leicht macht und dadurch Menschenrechtsverletzungen billigt.