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19. November 2017, von Michael Schöfer
Ob das noch was wird?


Als Schüler hing ich im Sportunterricht wie ein nasser Sack am Reck. Nun ja, ich war halt das, was man in Sportlerkreisen wohlwollend als "ein wenig außer Form" bezeichnen würde. Äußerst wohlwollend formuliert. In Wahrheit: Völlig unsportlich und ein bisschen zu dick. Aufsätze schreiben, liebend gerne. Aber Bundesjugendspiele? Vollkommen überflüssig! Ich habe sie gehasst wie die Pest, doch sie waren eben Pflicht. Einmal im Jahr. Und was macht man, wenn einem insbesondere die Sprintstrecke zuwider ist? Man simuliert eine Verletzung, dann kann man vorzeitig aussteigen. Schon allein, dass sie einem die Blamage des Zieleinlaufs als Letzter ersparte (weit hinter den anderen), war die "Verletzung" wert. Einziger Nachteil: Die Mädchen interessierten sich für die Sieger, meine Aufsätze hingegen waren ihnen leider schnurzpiepegal. So ungefähr müssen sich momentan die Sondierer fühlen: Scheiß Jamaika-Koalition. Bitte nicht. Und vor allem, bitte nicht mit mir. Zumindest nicht zu diesen Konditionen. Ob das noch was wird? Die Beteiligten machen eher den Eindruck, sich einigermaßen geschickt davonschleichen zu wollen. Macht aber beim Wahlvolk einen furchtbar schlechten Eindruck (könnte ja in Neuwahlen münden), weshalb es vermutlich nur noch darum geht, jemandem den Schwarzen Peter des Scheiterns zuzuschieben. Aussteigen, aber mit einem plausiblen Grund. Wie ich damals, bei den Bundesjugendspielen. Die Lehrer hatten wahrscheinlich Mitleid mit mir. Ich mit mir auch. Das hat mich gerettet. Stellen Sie sich vor, die hätten mich als Simulant bloßgestellt. Ein posttraumatisches Syndrom, das bis heute nachwirken würde. Ich bin gespannt, wer heute um 18 Uhr das Scheitern feststellt. Und vor allem, mit welcher Begründung. Gibt es eigentlich politische Muskelzerrungen?