Home | Archiv | Leserbriefe | Impressum



17. November 2017, von Michael Schöfer
Heimatliebe? Was für ein Schmarren!


Wenn irgendwo irgendjemand von der "geliebten Heimat" faselt, wird’s in der Regel ziemlich dumm. Nationalismus scheint per se etwas für Gehirnamputierte zu sein. Die ägyptische Sängerin Sherine Abdelwahab sagte scherzhaft über den Nil, wenn man dessen Wasser trinke, bekomme man Bilharziose. Sie empfehle daher Mineralwasser. Folge: Nein, kein Programm zum Bau von Kläranlagen, sondern ein Auftrittsverbot und der Boykott ihrer Lieder im Staatsfernsehen. Obendrein hat sie eine Anklage am Hals. Grund: "Beleidigung des ägyptischen Staates" und "Verbreitung provokativer Propaganda". Allerdings gibt es im Nil tatsächlich Bilharziose-Erreger, aber Fakten scheinen halt das Ansehen der "geliebten Heimat" zu besudeln. Und wir liefern denen auch noch jede Menge Waffen. Im dritten Quartal 2017 war Ägypten unter den sogenannten Drittstaaten der Hauptempfänger deutscher Rüstungsexporte. Noch vor Saudi-Arabien auf Platz 2. Was die Heimatliebe angeht halte ich es da eher mit dem früheren Bundespräsidenten Gustav Heinemann. Auf die Frage, ob er diesen Staat denn nicht liebe, antwortete er: "Ach was, ich liebe keine Staaten, ich liebe meine Frau; fertig!" Es gibt zwei Sorten Mensch, die von der "geliebten Heimat" faseln: Die Machthaber, die damit ihre Anhänger begeistern und repressive Maßnahmen rechtfertigen. Gefühlsduselei als Mittel zum Machterhalt. Und die breite Masse, die den Verstand bereitwillig durch Vaterlandsliebe ersetzt. Was für ein Schmarren.