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13. Oktober 2017, von Michael Schöfer
Der ewige Frauenjäger


Als kürzlich Playboy-Gründer Hugh Hefner im Alter von 91 Jahren starb, zitierte ihn die Süddeutsche mit den Worten: "Ich habe ein Leben geführt, von dem die meisten Männer noch nicht einmal zu träumen wagen." Mag sein, vielleicht aber auch nicht. Es hieß, Hefner mochte immer diese "jungen Dinger". Als er sich etwa im Alter von 42 Jahren um eine 19-Jährige bemühte, soll diese ihre Bedenken mit den Worten zum Ausdruck gebracht haben, sie sei noch nie mit jemandem zusammen gewesen, der älter als 24 war. Hefner habe schlagfertig geantwortet: "Ich auch nicht." Wahrscheinlich wird jetzt die Schenkelklopfer-Fraktion laut wiehern.

Das Leben des ewigen Frauenjägers mag vordergründig paradiesisch gewirkt haben, doch war es das wirklich? Einmal angenommen, dass es keine Inszenierung für die Öffentlichkeit war, stelle ich mir sein Leben - trotz all der Playmates - als ziemlich unbefriedigend vor. Bis zum März 2005 habe er beispielsweise, und da war Hefner immerhin schon 79 Jahre alt, mit sieben Frauen im Alter von 18 bis 28 Jahren zusammengelebt. Danach waren es angeblich nur noch drei. Ist ein Mann, der ständig "jungen Dingern" hinterherjagt und zahlreiche sexuelle Beziehungen hat, nicht vielmehr ein Getriebener, der unentwegt etwas sucht, was er aber offenbar bei keiner Frau findet?

Und mal ehrlich: Welche Gemeinsamkeiten haben Menschen, bei denen der Altersunterschied mindestens 51 Jahre beträgt? Natürlich die geistigen Interessen und die tiefschürfenden Gespräche. Warum bin ich da nicht gleich darauf gekommen? Nicht zu vergessen das makellose Aussehen, der jugendlich straffe Körper. Außerdem, und das ist eine Erfahrung, die zwangsläufig jeder Mann an der Schwelle zum Greisenalter macht: Die jungen Dinger sind ganz wild darauf, mit alten Säcken Körpersäfte auszutauschen. "Junge Studentin sucht älteren Rentner" ist bekanntlich in Online-Partnervermittlungen der absolute Renner.

Als rastlosen Verführer inszenierte sich schon im 18. Jahrhundert ein gewisser Giacomo Casanova. Doch was an ihm beruht auf historischen Fakten? Und was ist bloß ein Mythos, der hauptsächlich Casanovas schriftstellerischem Wirken (namentlich seinen Memoiren) geschuldet ist? Darf man ihm überhaupt glauben? Wie dem auch sei, jedenfalls hat Federico Fellini Casanova wohl nicht ohne Grund als Getriebenen interpretiert, der letztlich unbefriedigt bleibt. Die meisten glauben, das Leben Casanovas wäre Hedonismus in höchster Vollendung gewesen. Genau wie bei Hugh Hefner. Doch wir sehen bei beiden nur die Fassade - das, was wir sehen sollen. Was daran tatsächlich wahr ist, darüber können wir nur spekulieren.