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11. Oktober 2017, von Michael Schöfer
In einer endlichen Welt gibt es kein endloses Wachstum


In einer Zeit, in der sich die Grünen anschicken, mit der Union und der FDP eine Bundesregierung zu bilden, ist es wohl notwendig, abermals an existenzielle Dinge zu erinnern. Der Internationale Währungsfonds (IWF) schätzt, dass die Weltwirtschaft im laufenden Jahr um 3,6 Prozent wächst, für das nächste Jahr werden sogar 3,7 Prozent prognostiziert. 2016 waren es "nur" 3,2 Prozent. Wenn es wirklich so kommt, liegt das Wachstum dieser drei Jahre im Schnitt bei 3,5 Prozent. Die Ökonomen jubeln mal wieder. Die Wirtschaft braucht das Wachstum wie der Junkie seinen Stoff.

Ist die Binsenweisheit, dass es in einer endlichen Welt kein endloses Wachstum geben kann, inzwischen vergessen? Bei 3,5 Prozent verdoppelt sich das Weltsozialprodukt innerhalb von 20 Jahren. 2037 wäre es so weit. Deutschland wird seine Klimaschutzziele für 2020 aller Voraussicht nach verfehlen, dabei ließ sich Angela Merkel einst als Klimakanzlerin feiern. Nach Angaben des Energiekonzerns BP lagen die globalen CO2-Emissionen im Jahr 2016 auf Rekordniveau, in den vergangenen 10 Jahren sind sie um 13,6 Prozent gestiegen. Tendenz bis 2035: weiterhin steigend (falls nicht schnell auf Erneuerbare Energien umgestiegen wird). Wohin soll das führen?

Ein gewisser Epikur hat einmal sinngemäß gesagt: "Willst Du jemanden reich machen, vermehre nicht sein Habe, sondern verringere seine Bedürfnisse." Würden die Menschen das beherzigen, könnte der Kapitalismus natürlich einpacken, denn die Wirtschaft bräche zusammen. Man stelle sich vor, das Weltsozialprodukt würde tatsächlich schrumpfen. Auf der anderen Seite stellt sich unwillkürlich die Frage, ob nicht der Mensch bald einpackt, wenn sich an seinem Wirtschaften nichts grundlegend ändert.