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23. September 2017, von Michael Schöfer
Mit dem Wahl-O-Mat wird alles einfacher


Wer immer noch nicht weiß, was er morgen wählen soll, kann ja im letzten Moment den Wahl-O-Mat bemühen. Bislang haben sich schon 13,3 Millionen durchgeklickt - so viel wie noch nie. Bei mir hat er in puncto Wahlentscheidung voll ins Schwarze getroffen. Doch der Wahl-O-Mat ist falsch konzipiert, denn er soll lediglich eine Entscheidungshilfe vor der Stimmabgabe sein, nach dem Wahlabend wird er wieder eingemottet. Ganz falsch, denn im Grunde bräuchten wir ihn danach umso mehr. Es wird nämlich immer behauptet, die Politiker würden machen, was sie wollen. Ohne Rücksicht auf den Wählerwillen, heißt das. Und viele fragen sich längst, was Parteiprogramme überhaupt wert sind, hält sich ja ohnehin keiner dran. Da könnte der Wahl-O-Mat helfen. Ein teures und aufgeblähtes Parlament wäre überflüssig, die Parteien müssten nach der Bundestagswahl bloß den Wahl-O-Mat konsultieren, der schreibt ihnen dann die Entscheidungen vor.

Schwarz-rote Koalition? Es sind zu verwirklichen: 56 Prozent der Programmpunkte der CDU, 12 Prozent der Programmpunkte der CSU und 32 Prozent der Programmpunkte der SPD. Schwarz-gelb-grüne Koalition? 43 Prozent der Programmpunkte der CDU, 8 Prozent der Programmpunkte der CSU, 28 Prozent der Programmpunkte der FDP und 21 Prozent der Programmpunkte der Grünen. Politik kann so einfach sein - dank Wahl-O-Mat. Sämtliche Streitpunkte werden maschinell entscheiden, zum Beispiel die Obergrenze für Flüchtlinge in einer Jamaika-Koalition. Der Wahl-O-Mat stellt fest: CDU nein, CSU ja, FDP nein, Grüne nein. Voilà, 3:1 gegen die Obergrenze. Gerechter geht's nimmer. Horst Seehofer kann mitsamt seiner Garantie einpacken, er braucht aber auch sein Versprechen, ohne Obergrenze keinen Koalitionsvertrag zu unterschreiben, nicht mehr einzuhalten, schließlich hat der Wahl-O-Mat so entschieden. "Ja mei, do kannst du nix machn."

Vielleicht kann der Wahl-O-Mat auf diese Art und Weise sogar die großen Weltprobleme lösen. Kim Jong-un 0 Prozent. Donald Trump ebenfalls 0 Prozent. Der Atomstreit wird von Steffen Wohlfarth entschieden. Wer zum Teufel ist Steffen Wohlfarth, werden Sie jetzt vermutlich fragen. Wohlfarth ist Stürmer beim baden-württembergischen Oberligisten FV Ravensburg, als seine Mannschaft im Spiel gegen den FSV 08 Bissingen einen unberechtigten Elfmeter zugesprochen bekam, schoss er bewusst neben das Tor. Mit dieser Fair-Play-Einstellung lassen sich bestimmt alle Probleme lösen. Jetzt zeigen Sie mir doch nicht den Vogel, der Wahl-O-Mat irrt sich nie. Ich bin felsenfest davon überzeugt, mit der Methode Wohlfahrt fährt die Welt wesentlich besser als mit der Methode Kim Jong-un oder mit der Methode Trump. Wetten?