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19. September 2017, von Michael Schöfer
Zerstörer der Welten


Donald Trump droht Nordkorea vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen: "Die USA stehen für große Stärke und Geduld. Aber wenn wir gezwungen werden, uns selbst oder unsere Verbündeten zu verteidigen, werden wir keine andere Wahl haben, als Nordkorea völlig zu zerstören. Der Raketen-Mann ist auf dem Weg des Selbstmordes für sich selbst und für sein Regime." Jemand, der noch ein Fünkchen Hoffnung auf die Diplomatie setzt, argumentiert anders, weniger aggressiv. Und dem Iran droht der US-Präsident den Ausstieg aus dem Atomabkommen an. Jedem muss klar sein, dass dies die Kriegswahrscheinlichkeit enorm erhöht. Israels Premierminister Benjamin Netanjahu nahm es erkennbar mit Freude zur Kenntnis.

Ich kann nichts dafür, aber mir fällt im Zusammenhang mit Trump nicht zum ersten Mal der Satz ein, den Robert Oppenheimer nach der Explosion der ersten Atombombe zitierte: "Wenn das Licht von tausend Sonnen / am Himmel plötzlich bräch' hervor / das wäre gleich dem Glanze dieses Herrlichen, und ich bin der Tod geworden, Zertrümmerer der Welten." Er bezog sich damit auf zwei unterschiedliche Textstellen in der Bhagavad Gita, die er zu einem Satz zusammenfasste. Passend war er trotzdem. Oft liest man auch die Kurzfassung: "Jetzt bin ich zum Tod geworden, der Zerstörer der Welten."

Ob Trump, der noch nicht einmal den Namen des amtierenden UN-Generalsekretärs richtig aussprechen kann, je etwas über Oppenheimer gelesen hat? Der Mann scheint keine Ahnung zu haben, was ein Atomkrieg bedeutet. Das wird nicht dadurch besser, dass es Kim Jong-un offenbar ebenso wenig weiß, sonst würde er nicht genauso irrational mit Atomschlägen drohen. Rationale Politiker, die die furchtbaren Folgen kennen, legen sich diesbezüglich große Zurückhaltung auf und heizen die ohnehin brenzlige Situation nicht noch unnötig auf. Selbst wenn beide nur bluffen - sie könnten sich dennoch verrechnen. Und dann? Der Narzisst Trump sollte bedenken: Dem Zerstörer der Welten setzt man keine Denkmäler.