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16. Mai 2017, von Michael Schöfer
Kein Anlass für Richterschelte

Das in den Kommentarspalten des Internets auffallend oft gerügte Urteil des Bundesgerichtshofs, die Mitführung geeigneter Ausweispapiere falle in die Risikosphäre des Reisenden und könne nicht dem Reiseveranstalter angelastet werden, ist durchaus folgerichtig. Es wird von vielen leider völlig missverstanden. In Wahrheit existiert überhaupt kein Anlass, Richterschelte zu betreiben. Im vorliegenden Fall hatte es die Gemeinde, bei der die Kläger die Reisepässe beantragt haben, versäumt, der Bundesdruckerei den Eingang zu betätigen, weshalb diese von dort als abhandengekommen gemeldet wurden. Es ist m.E. nicht zu kritisieren, wenn der BGH eine Haftung des Reiseveranstalters ablehnte. Warum soll er zahlen, wenn ein anderer den Fehler macht? Interessant wäre gewesen, wenn die Kläger die Gemeinde auf Schadenersatz verklagt hätten, hier sieht das Ganze meiner Meinung nach anders aus, es gilt dann nämlich das Verursacherprinzip. Hoffentlich, denn sicher ist man ja vor den Gerichten nie. Dass es gelegentlich besonders spitzfindige Urteile gibt, die dem common sense krass widersprechen, soll hier gar nicht geleugnet werden.