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14. Mai 2017, von Michael Schöfer
Die ewige Kanzlerin


Die Bundespolitik ist so langweilig wie die Fußball-Bundesliga: Spannend ist allein, wer hinter Bayern München Vizemeister wird. Genauso spannend ist nämlich die Frage, mit wem Bundeskanzlerin Angela Merkel die nächste Koalition schmiedet. Mit ihr als Regierungschefin, versteht sich. Die SPD stürzt ausgerechnet im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen, der Herzkammer der Sozialdemokratie, dramatisch ab. Zugleich erlebt die FDP unter Christian Lindner eine furiose Auferstehung von den Toten. Lazarus würde vor Neid erblassen. Dennoch läuft es wohl abermals auf eine Große Koalition hinaus, weil es in einem Sechs-Parteien-Parlament vermutlich keine andere Regierungsmehrheit geben wird. Äußerst knapp könnte es nach den derzeitigen Umfragen allenfalls noch für eine Jamaika-Koalition reichen (Schwarz-Gelb-Grün).

In der Bundesliga verzweifeln die Gegner an Bayern München, in der Politik ist es ebenfalls zum Verzweifeln. Helmut Kohl könnte es wie dem ehemaligen Rekordmeister 1.FC Nürnberg gehen. Bleibt Angela Merkel bis zum Ende der nächsten Legislaturperiode im Amt, würde sie den "ewigen Kanzler" um ein paar Monate übertreffen. Kohl war 16 Jahre und 27 Tage Kanzler (vom 01.10.1982 bis zum 27.10.1998), am 24.09.2017 ist Merkel aber bereits 11 Jahre, 10 Monate und 2 Tage Kanzlerin (seit dem 22.11.2005). Weitere vier Jahre und sie wäre neue Rekordmeisterin, Verzeihung, Rekordkanzlerin. An Bayern München haben sich in den letzten fünf Meisterschaftsrunden alle Konkurrenten die Zähne ausgebissen. Gerüchte sagen, in der Bundeshauptstadt hätten Zahnprothesen seit langem Hochkonjunktur. Dank Angela Merkel? Ach, i wo… Das nächste Kabinett ist übrigens erst ihr viertes. Diesen Hinweis dürften ihre Konkurrenten durchaus als Drohung auffassen. Aber an ein Regieren über 2021 hinaus wollen wir nun wirklich nicht denken. Oder doch?