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25. März 2017, von Michael Schöfer
Ruhm und Ehre sind oft auf Lug und Trug aufgebaut


Die Westdeutschen kochen auch nur mit Wasser anabolen Steroiden, das scheint eine noch unveröffentlichte Dissertation des Pharmazeuten Simon Krivec (Universität Hamburg) zu belegen. Es sei ein Mythos, dass nur im Osten gedopt wurde. Wie die Tagesschau berichtet, beruht das Ergebnis auf Umfragen von ehemaligen Sportlern: "31 Top-Leichtathleten gaben an, in ihrer aktiven Zeit Anabolika genommen zu haben. Von Ende der 60er Jahre bis in die späten 80er Jahre hinein. In Mengen und Zeiträumen, die dem DDR-Staatsdoping ähneln." 50 Prozent der angeschriebenen Sportler haben geantwortet, und von denen hat wiederum die Hälfte systematisches Doping eingeräumt. Lange haben die Westdeutschen hochnäsig auf den ihrer Meinung nach dopingverseuchten DDR-Sport herabgeblickt - diese Zeit scheint sich nun ihrem Ende zuzuneigen. Sollten Namen bekannt werden, dürften etliche Denkmäler vom Sockel fallen. Diskuswerfer Klaus-Peter Hennig, der sich bislang als einziger Sportler offen zur Dopingeinnahme bekennt, hat noch nicht einmal einen Wikipedia-Artikel, gehörte damals also nicht zur ersten Garde der Sportprominenz. Es ist wenig wahrscheinlich, dass ausgerechnet die Sportlegenden sauber waren.

Bittere Erkenntnis: Ruhm und Ehre sind oft auf Lug und Trug aufgebaut. Übrigens nicht nur im Sport, wie etwa durch Schönheitsoperationen optimierte Promis belegen. Doch richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet: Menschen wollen reich und berühmt sein, aber sie jubeln auch gerne den Reichen und Berühmten zu. Eine wechselseitige Beziehung. Wen interessiert schon, ob da mit Silikon oder Botox nachgeholfen wurde. Keinen! Und nicht nur die Großen betrügen, sondern die Kleinen genauso. Millionen gehen ins Fitnessstudio, um Muckis aufzubauen, anabole Steroide sollen dort ein weitverbreitetes Hilfsmittel sein. Lieber dumm und schön als gescheit und hässlich. Insofern spiegeln sich in allem bloß die gesellschaftlichen Verhältnisse wider.