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18. Februar 2017, von Michael Schöfer
Cut


Eigentlich wartet man jeden Tag darauf, dass endlich der Regisseur Roland Emmerich (The Day After Tomorrow, Stargate, Independence Day) aus den Kulissen kommt und laut "cut, das war's" ruft. Der blonde B-Movie-Star packt daraufhin seine Sachen und verschwindet aus dem nachgebauten Weißen Haus. Bedauerlicherweise sitzen wir nicht im Kino, wenngleich uns gerade ein wirklich großes Schauspiel geboten wird: "The Rise and Fall of Nations." Wir befinden uns am Beginn des Kapitels "Fall". Untertitel: Wie macht man eine Nation kaputt. Hilfsweise: Einen ganzen Planeten. "Fake-News-Medien" seien "nicht mein Feind, sie sind der Feind des amerikanischen Volkes". Das riecht nach Hexenjagd und Bücherverbrennung. Gesagt hat das kein drittklassiger Despot, sondern der (nominelle) Führer der freien Welt. Und gemeint hat er damit die altehrwürdige New York Times und die Fernsehsender CNN, NBCNews, ABC und CBS. Bei Roland Emmerich würde man sich ja noch in Nachsicht üben und auf der Premiere höflich Beifall klatschen. Aber wenn US-Präsident Donald Trump die Pressefreiheit missachtet und die Stimmung gegen die Medien anheizt, fühlt man sich eher in eine der vielen Diktaturen dieser Welt versetzt. Es ist eine Tragödie. Und leider sind wir keine Zuschauer, wir sind Beteiligte. Der Streifen "Independence Day" ist filmhistorisch nicht weiter von Belang, aber er greift ein Thema auf, das in menschlichen Gesellschaften von jeher eine wichtige Rolle gespielt hat: Widerstand gegen eine Despotie.