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02. Februar 2017, von Michael Schöfer
Acht Prozentpunkte innerhalb von vier Wochen


Da kann einem schon schwindlig werden: Der designierte SPD-Chef Martin Schulz würde bei einer Direktwahl des Bundeskanzlers mit 50 zu 34 Prozent gegen Amtsinhaberin Angela Merkel (CDU) gewinnen. 50 Prozent der Befragten sollen sich eine SPD-geführte Bundesregierung wünschen, eine CDU/CSU-geführte jedoch bloß 39 Prozent. Und gegenüber dem ARD-DeutschlandTrend vom Januar hat die SPD satte 8 Prozentpunkte zugelegt. Acht! Innerhalb von vier Wochen! Die SPD liegt jetzt nur noch 6 Prozentpunkte hinter der Union zurück. Was so eine Euphorie alles auslösen kann. Dabei hat Schulz ehedem die Ungerechtigkeit befürwortet, die er heute lauthals beklagt. "Gerhard Schröder hat viel für unser Land getan. Dass es Deutschland heute besser geht, als vielen anderen europäischen Staaten, hängt vor allem mit der Agenda 2010 zusammen", sagte er 2014 bei einer Buchpräsentation.

Nun hört sich das bei ihm mit einem Mal ganz anders an. Er will angeblich die "hart arbeitenden Menschen" in den Mittelpunkt seiner Politik stellen und fordert u.a. gute Löhne, eine verlässliche Alterssicherung und mehr Steuergerechtigkeit. Er gibt also vor, all das bekämpfen zu wollen, was uns Gerhard Schröders Agenda-Politik erst eingebrockt hat. Die rasche Meinungsänderung beim Volk darf man vor diesem Hintergrund zweifelsohne als kurios bezeichnen. Die Meinungsänderung von Martin Schulz ebenso. Ist das ein Symptom des postfaktischen Zeitalters? Wenigstens bringt Schulz Leben in die Bude. Vor allem: Die AfD verliert in der Wählergunst. Doch erst einmal abwarten, wie die Stimmungslage in ein paar Wochen aussieht. Bundestagswahl ist erst am 24. September 2017. Bis dahin fließt noch viel Wasser den Rhein hinunter.