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25. Januar 2017, von Michael Schöfer
Zeus gab Pandora eine Büchse


Die Fähigkeiten des Menschen, Gott zu spielen, werden immer gewaltiger. Über die von ihm geschaffene Künstliche Intelligenz wurde ja bereits viel geschrieben. Ob sie ihren Schöpfer dereinst überflügeln und vielleicht sogar überflüssig machen wird, ist Gegenstand zahlreicher Erörterungen. Und wie so oft werden Warnungen leichtfertig in den Wind geschlagen. Motto: Die Künstliche Intelligenz wird nie… Doch die naheliegendere Frage ist, wie wir damit umgehen, dass intelligente Computer in absehbarer Zeit viele Arbeitskräfte überflüssig machen.

Noch verheerender könnte sich freilich eine geradezu revolutionäre Entwicklung der Gentechnik auswirken. Mit der hochpräzisen Gen-Schere CRISPR/Cas können Wissenschaftler das Erbgut in bislang unerreichtem Ausmaß manipulieren. Abermals wurde mit dieser Methode ein Durchbruch erzielt. Das Genom aller irdischen Lebewesen besteht aus lediglich vier Basen: Adenin, Guanin, Cytosin und Thymin. Nun haben Forscher zwei künstliche Basen (X und Y genannt) ins Erbgut eines Bakteriums eingeschleust, die auch nach 60-maliger Teilung des Organismus noch stabil sind. Das heißt: Ein teilweise künstlicher Organismus vererbt seine Gene an die Nachkommen.

Natürlich sprechen die Forscher von der dadurch möglich gewordenen Entwicklung maßgeschneiderter Medikamente oder Materialien. Doch genauso gut kann man dabei an eine Frankenstein-Bakterie denken. Wissen wir denn, was sich daraus entwickeln kann? Und hat die Wissenschaft wirklich alles unter Kontrolle, insbesondere was die Verhütung der unkontrollierten Freisetzung solcher Organismen angeht? Der griechischen Mythologie zufolge wurde Pandora aus Lehm erschaffen. Übrigens ganz ohne CRISPR/Cas. Und Zeus gab ihr eine Büchse. Ich fürchte, die Menschheit schaut immer mal wieder hinein...