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14. November 2016, von Michael Schöfer
Nicht alle können zu einem Wissensarbeiter umschulen


Ulrich Spiesshofer ist Chef des schweizerisch-schwedischen Technologiekonzerns ABB, in der Süddeutschen wurde er kürzlich über die Chancen der Digitalisierung interviewt. Gefragt, ob die Künstliche Intelligenz Arbeitsplätze ersetzt, antwortete er:

"Lassen Sie mich an einem Beispiel erläutern, worum es wirklich geht: Ein großer Kunde, ein asiatischer Elektronikproduzent, hat 5500 Frauen, die am Ende der Produktion die frisch montierten Handys anschauen: Sind sie verkratzt? Haben Sie irgendwelche Macken? Wenn Yumi [ein Roboter] das übernehmen könnte …"

Süddeutsche: "... werden 5500 Frauen arbeitslos. Großartig!"

Spiesshofer: "Das ist genau der Denkfehler. Es geht vielmehr um eine Veränderung der Arbeitsplätze als um einen Verlust. Für diese Frauen ist das wirklich großartig, ganz ohne Ironie. Sie können sich weiterbilden und andere, verantwortungsvollere Tätigkeiten in der Firma übernehmen. In China gibt es eine große Nachfrage nach Arbeitskräften."

Ganz so einfach, wie es Spiesshofer darstellt, ist es leider nicht. Was industrielle Umbrüche anrichten können, ist etwa im amerikanischen Rust Belt (Rostgürtel) zu besichtigen. In Michigan, Ohio und Pennsylvania gewann überraschend Donald Trump. Ein Stahlarbeiter, Bergarbeiter oder Autobauer ist eben nicht so leicht zu einem Wissensarbeiter umzuschulen. Doch selbst wenn, eine so große Masse an Wissensarbeitern dürfte jeden Bedarf übersteigen. Was im dynamischen China vielleicht noch klappen mag, ist in den etablieren Industriestaaten ungleich schwerer. Genau deshalb hat Trump ja gewonnen, weil die Menschen dort wütend auf das leere Geschwätz des Establishments waren. Die Kunst des Milliardärs war bloß, sich als Außenseiter darzustellen.